"Unseren Beitrag leisten" - Beachvolleyballer helfen Ukraine-Flüchtlingen
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst - auch bei Beachvolleyball-Bundestrainer Imornefe "Morph" Bowes, Valentin Begemann und Markus Böckermann. Sie brachten Hilfsgüter an die polnisch-ukrainische Grenze und kamen mit sechs Geflüchteten, darunter ein 16 Monate altes Kind, zurück nach Deutschland.
Die Anspannung in dem Kleinbus fiel erst nach und nach ab. "Die ersten vier Stunden der 13-stündigen Rückfahrt waren sehr emotional, sehr aufgewühlt", berichtete der frühere Olympiateilnehmer Markus Böckermann dem NDR. "Es war wirklich eine Spannung zu spüren."
Wladimir Putins Bomben lagen hinter der schwangeren Iliona und ihrer kleinen Tochter, dem Ehepaar Sascha und Natascha und der 22 Jahre alten Lisa aus der Ost-Ukraine, die vor rund zwei Wochen an ihrem Geburtstag von Schüssen geweckt wurde und sich zusammen mit ihrer Mutter auf die Flucht begab. Aber ihre Gedanken waren natürlich noch in der zurückgelassenen Heimat und bei den Familienangehörigen.
"Das Ehepaar, das wir auch mitgenommen haben, musste ihre beiden Söhne zurücklassen. Sie durften nicht ausreisen, sondern müssen kämpfen." Valentin Begemann
Kinder trifft der Krieg am härtesten. Aber in dem Kleinbus irgendwo in Polen war es das kleine mit einer Schnullerkette spielende Mädchen, das die Spannung durch einen herzlichen Lachanfall ein wenig löste. "Die Mutter hat vor Rührung angefangen zu weinen, weil sie ihr Kind so fröhlich gesehen hat", sagte Valentin Begemann. "Das war für mich ein sehr eindrücklicher Moment."
Fast 10.000 Euro Spenden gesammelt
Die Idee anzupacken und den Menschen in der Ukraine zu helfen, entstand auf Initiative von Begemann bei einem gemeinsamen Abendessen. Die drei Beachvolleyballer packten 15 Umzugskartons mit Hilfsgütern, organisierten den Kleinbus und baten in einem Aufruf um Spenden.
"Wir haben einfach nur höchsten Respekt für diese Menschen, die wir da mitgenommen haben. Sie waren trotz des ganzen Leids total positiv und stark." Valentin Begemann
"In kürzester Zeit haben wir über 2.000 Euro zusammengehabt", berichtete der Hamburger Böckermann, immer noch beeindruckt von der Hilfsbereitschaft der Beachvolleyball-Community. Am Ende waren es fast 10.000 Euro. "Wir haben nicht ansatzweise so viel gebraucht, weswegen wir das Geld weiterreichen werden."
2.500 Kilometer und 24 Stunden Fahrtzeit
Am vergangenen Freitag machten sie sich von Lüneburg aus auf den gut 1.000 Kilometer langen Weg zur polnisch-ukrainischen Grenze. Am Sonnabendmorgen waren sie da, übergaben die Hilfspakete, die direkt nach Kiew gingen, und waren am Sonntagmittag wieder zurück in Hamburg - nach insgesamt 2.500 Kilometern und 24 Stunden reiner Fahrtzeit. Mit einem Zwischenstopp in Berlin.
Bleibe über Beachvolleyball-Community organisiert
Alle außer der schwangeren Iliona mit ihrer Tochter hatten in der Hauptstadt Anlaufstellen bei Verwandten oder Freunden. Fünf Stunden vor Berlin starteten Frauen-Bundestrainer Bowes und Co. abermals einen Online-Aufruf. 30 Minuten später hatte sich jemand gemeldet, der die kleine Familie für mindestens einen Monat beherbergen konnte.
Hilfestellung für mögliche Nachahmer
Die Aufmerksamkeit, die die drei Beachvolleyballer nun bekommen, ist ihnen nicht wichtig. Es geht ihnen vielmehr darum, ihre Erfahrungen an Nachahmer weiterzugeben. "Wir unterstützen gerne bei der Planung solcher Reisen", so Begemann.
"Man muss sich mental darauf einstellen, dass sehr traumatisierte Personen im Auto sitzen können." Markus Böckermann
Wichtig seien Kartons mit englischer und ukrainischer Beschriftung und eine Hilfsgüter-Kennzeichnung am Auto, so Böckermann. "Und man braucht unbedingt eine Kontakt auf der ukrainischen Seite, die die Ware im Grenzbereich entgegennimmt, sonst kommt man gar nicht rein."
Es fehlten dort Mehl, Nudeln, Dosennahrung oder auch Medikamente wie Insulin. "Aber das ist von Region zu Region unterschiedlich. Alles hilft", sagte Böckermann, der noch einen wichtigen Hinweis für Helfer hat: "Man muss sich mental darauf einstellen, dass sehr traumatisierte Personen im Auto sitzen können."
