Tierwohl: Staatliche Kennzeichnung für Fleisch kommt im Herbst
Die neue Kennzeichnung kommt ab Herbst 2023 zunächst nur für Schweinefleisch. Frühestens ab 2025 wird sie verpflichtend. Welche Informationen gibt das Label über die Tierhaltung? Welche Labels gibt es bislang?
Schweine, die auf engstem Raum leben, Hühner, die mit Antibiotika gefüttert werden, oder Rinder, die sich auf stundenlangen Tiertransporten quälen: Vielen Menschen ist die Vorstellung, dass Nutztiere unnötig leiden müssen, zuwider.
Trotzdem gab es bislang kein staatliches Siegel, das Verbraucher beim Kauf Orientierung bietet, welches Fleisch von Tieren aus verantwortungsvoller und artgerechter Haltung stammt, sondern lediglich verschiedene freiwillige Tierwohl-Labels. Das soll sich mit der Einführung einer fünfstufigen, staatlichen Tierhaltungskennzeichnung ändern. Das Siegel, das zunächst nur für Schweinefleisch gilt, soll nach einer zweijährigen Übergangsfrist verbindlich sein und später auch für Rindfleisch und Geflügel eingeführt werden. Maßgeblich ist die Haltungsform:
Stall | Es werden nur die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt. |
Stall + Platz | Die Tiere bekommen mindestens 12,5 Prozent mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben, zusätzlich gibt es Beschäftigungsmaterial und die Ställe sind durch verschiedene Elemente strukturiert. |
Frischluftställe | Die Ställe sind 45 Prozent größer als vorgeschrieben und mindestens an einer Seite offen. |
Auslauf/Freiland | Die Tiere haben in der letzten Mastphase ganztägig die Möglichkeit zum Auslauf im Freien, in den Ställen steht ihnen doppelt so viel Platz wie gesetzlich vorgeschrieben zur Verfügung. |
Bio | Es gibt größere Auslaufflächen und noch mehr Platz im Stall. Entspricht den Anforderungen der EU-Ökoverordnung |
Freiwillige Kennzeichnung "Haltungsform"
Freiwillige Kennzeichnungen mit unterschiedlich hohen Standards in der Tierhaltung, die Verbrauchern eine Orientierung geben sollen, gibt es bereits seit Jahren. So findet sich seit 2019 in vielen Supermarkt-Ketten das Label "Haltungsform", das Verbrauchern beim Kauf etwas mehr Transparenz ermöglichen soll. Es unterscheidet vier verschiedene Kategorien von Haltungsbedingungen: Stallhaltung (rot), Stallhaltung Plus (blau), Außenklima (orange) und Premium (grün). Die Haltungsbedingungen von Tieren der Kategorie Stallhaltung erfüllen dabei nur die gesetzlichen Mindestanforderungen, was den Platz angeht. In der Kategorie Premium haben die Tiere Auslauf im Freien. Nach Auffassung der Verbraucherzentralen stehen einzig die Haltungsformen 3 (orange) und 4 (grün) für eine deutlich verbesserte Tierhaltung.
Entwickelt wurde die "Haltungsform"-Kennzeichnung von der der "Initiative Tierwohl", einer Gemeinschaftsaktion der Landwirtschaft, der Fleischwirtschaft und des Lebensmittelhandels. Betriebe, die über das gesetzliche Maß hinaus etwas für das Tierwohl tun, erhalten einen Geldbetrag aus einem gemeinsamen Fonds.
"Für mehr Tierschutz": Label des Deutschen Tierschutzbundes

Das Label "Für mehr Tierschutz" führte der Deutsche Tierschutzbund im Jahr 2013 ein. Das zweistufige Siegel bewertet die Haltung von Mast- und Legehühnern, Mastschweinen sowie Milchkühen in der konventionellen Landwirtschaft. Die Einstiegsstufe, auf dem Label mit einem Stern gekennzeichnet, garantiert etwa Hühnern und Schweinen mehr Platz und Beschäftigungsmöglichkeiten. Bei Mastschweinen ist das Kürzen der Schwänze, bei Milchkühen die Anbindehaltung verboten. Die Kriterien entsprechen laut Stiftung Warentest einer Kennzeichnung der Stufe 3 des Labels "Haltungsform".
Bei der Premium-Stufe, die mit zwei Sternen gekennzeichnet ist, müssen die Tiere unter anderem Auslauf ins Freie sowie mehr Platz bekommen. Die Kriterien entsprechenden der Stufe 4 des Labels "Haltungsform".
Bio-Siegel: Naturland, Bioland, Demeter & Co

Bio-Betriebe haben generell relativ strenge Richtlinien bezüglich der Tierhaltung. Zu unterscheiden ist aber zwischen deutschen Bio-Anbauverbänden wie Naturland, Bioland oder Demeter und dem EU-Biosiegel, das teilweise niedrigere Anforderungen stellt. So schreibt etwa das EU-Siegel nicht vor, wie viel Auslauf Milchkühe und Mastrinder haben sollen, sondern lediglich, dass ein Maximum an Weidegang zu gewährleisten ist. Auch müssen die Tiere nicht ausschließlich Bio-Futter erhalten und längere Transporte sind erlaubt.
Neuland: Anforderungen vergleichbar mit Bio-Siegeln
Neuland ist ein Verein, der ein sogenanntes Markenfleisch-Programm aufgelegt hat. Bezüglich der Tierhaltung legt Neuland strenge Kriterien an, die denen der deutschen Bio-Anbauverbände ähneln, etwa, was den freien Auslauf für Hühner beziehungsweise den Weidegang für Rinder und Milchkühe betrifft. Die Ställe bieten ausreichend Platz und sind mit Stroh ausgestattet. Ferkel werden immer unter Betäubung kastriert, es werden keine vorbeugenden Medikamente verabreicht und der Transport zum Schlachthof darf nicht länger als vier Stunden dauern.
Anders als bei Bio-Betrieben muss bei Neuland das Futter nicht aus biologischem Anbau stammen, allerdings wird ausschließlich mit einheimischem und gentechnikfreiem Futter gefüttert. Träger des Neuland-Vereins sind der Deutsche Tierschutzbund, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND). Fleisch von "Neuland" ist in ausgewählten Fleischereien sowie in den Hofläden der "Neuland"-Betriebe erhältlich. Eine Liste mit Bezugsquellen findet sich auf der Neuland-Homepage.
Mehr Tierwohl kostet mehr Geld
Auch wenn die Labels den Kunden mehr Transparenz an der Fleischtheke ermöglichen: Letztlich müssen die Verbraucher selbst entscheiden, was ihnen das Tierwohl wert ist. Sicher ist: Für Fleisch aus artgerechter Haltung müssen sie tiefer in die Tasche greifen. Umweltschutzverbände raten überdies dazu, den Fleischkonsum insgesamt zu reduzieren und Fleisch nur als Delikatesse und in Maßen zu genießen.
