Stand: 29.05.2020 14:55 Uhr

So gefährlich sind Katzen für Vögel

von Ingolf Bannemann
Sommergoldhähnchen in einer Hand © NDR Foto: Peter Körner aus Kessin
Vögel sind aus vielerlei Gründen gefährdet.

Artensterben bei Vögeln - das Thema beschäftigt viele Tierschützer und deren Organisationen. Im Visier stehen in erster Linie menschengemachte Umstände: Verlust des natürlichen Lebensraums, Nahrungsmangel durch Umstellung auf Monokulturen, eine ständig wachsende Zahl verglaster Flächen an Gebäuden, die Rotoren von Windrädern.

Seit einiger Zeit sind aber auch natürliche Fressfeinde auf die Anklagebank geraten: Katzen seien verantwortlich für das Sterben von jährlich rund 200 Millionen Vögeln allein in Deutschland, heißt es beispielsweise in der Studie vom World Wildlife Fund. Weltweit ginge die Zahl in die Milliarden.

Natürliche Selektion durch wilde Katzen

Eine Katze sieht einen kleinen Vogel durch eine Fensterscheibe. © NDR Foto: Dietrich Basedow aus Trassenheide
Katzen haben einen natürlichen Jagdtrieb und spielen oft mit Vögeln.

Rund 13 Millionen Hauskatzen leben in Deutschland. Die simple Überschlagsrechnung macht sie also zu "Serienkillern". Die Zahlen sind zwar umstritten, aber das Täter-Opferschema - hier das lauernde Raubtier, dort der wehrlose gefiederte Sänger - führt dazu, dass sich Empörung in sozialen Plattformen breitmacht. Dazu kommt, dass zumindest Hauskatzen Vögel nicht aus Hunger jagen. Gefüttert werden sie in aller Regel genug. Sie spielen mit ihnen, bevor sie die Vögel töten.

Tierarzt Fabian von Manteuffel betrachtet die Aufregung über Vogelmord durch Hauskatzen gelassen. Keine Statistik weist aus, wie groß der Anteil wildlebender Katzen am Vogelsterben ist. Der WWF räumt ein, dass der Anteil streunender Katzen am Vogelsterben aller Wahrscheinlichkeit viel höher ist, als der ihrer zahmen Verwandten.

Auch der Mensch greift in die Natur ein

Diesen Streunern kann man jedoch nicht vorwerfen, dass sie "nur zum Spaß" töteten. Ihnen dienen die Vögel tatsächlich als Nahrungsquelle. Darüber hinaus weist Manteuffel darauf hin, dass es viele Vogelpopulationen gibt, die von Menschenhand künstlich aufgepäppelt würden. "Menschen füttern gerne Tiere, bauen Vogelhäuschen, gehen an die Alster, um Schwäne zu füttern. Das ist ein natürlicher Brutpflegetrieb, der in einer Art Übersprungshandlung auf Vögel angewendet wird", so der Tierarzt aus Hamburg.

Eingriff ins natürliche Gleichgewicht

Sowohl Katzenhalter als auch Vogelfreunde greifen also in das Gleichgewicht ein. In einer von Menschen unberührten Natur würde sich auf dem Wege der  natürlichen Selektion eine Balance von Angebot und Nachfrage einstellen. "Beutegreifer wie Katzen und Nahrungsquellen wie Vögel sind Teile eines biologischen Systems. Moralische Kategorien von Gut und Böse machen da keinen Sinn." Hauskatzen pauschal als Übeltäter zu verurteilen, sei folglich unangemessen.

Maßnahmen zum Vogelschutz

Ein deutlich größeres Problem als der heimische Schmusekater sind verwilderte Katzen auf Freigang. Sie ernähren sich komplett aus Abfällen oder jagen. Weniger verwilderte Hauskatzen bedeuten also einen echten Fortschritt im Vogelschutz. Die Lösung lautet: Kastration.

Auch ein Glöckchen am Katzenhalsband könnte Vögel rechtzeitig warnen. Dieses ständige Frühwarnsystem ist jedoch zumindest für die Träger am Anfang gewöhnungsbedürftig. Alternative: Ein Leuchthalsband. Dem Nachwuchs im Nest hilft natürlich beides nicht, solange sie noch nicht davonfliegen können.

Katzensichere Nester sind ebenfalls eine Alternative. Dabei können Manschettenringe aus Metall oder Plastik die Bäume sichern. Ein absoluter Schutz sind sie allerdings nicht. Hindernisse betrachten Kletterkünstler erst recht als spannende Herausforderung.

Vogelschutz beginnt bei der Gartengestaltung

Hecken und dichtes Gebüsch schaffen gute Versteck- und Nistmöglichkeiten. Die Stacheln von Sträuchern wie Weißdorn und Wildrosen bilden einen natürlichen Schutz für Vogelnester. Der Stress, dem Jungvögel wie auch Eltern beim Füttern ausgesetzt sind, wird dadurch allerdings nicht vermieden.

Ausgangssperre! Klingt in Zeiten des Coronavirus fast vertraut. Die meisten gerade flügge gewordenen Jungvögel sind im Mai und Juni unterwegs. Katzen sollte man dann, wenn irgend möglich, im Haus halten oder zumindest die Auslaufzeit einschränken. In vielen Bundesländern existieren sogar Vorschriften dazu. Inwieweit diese eingehalten und auch überprüft werden können, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

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Dieses Thema im Programm:

Pfote sucht Körbchen | 31.05.2020 | 15:30 Uhr

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