Stand: 01.11.2019 11:22 Uhr

Jeans-Farbstoff: Wie gefährlich ist Anilin?

von Ann-Brit Bakkenbüll
Ein Stapel von Jeans vor hellem Hintergrund © COLOURBOX Foto: foto76
Indigoblau gehört zu den beliebtesten Jeansfarben.

Eine der wichtigsten Farbstoffgruppen zum Färben von blauen Jeanshosen ist synthetisch hergestelltes Indigoblau. Ein wichtiger Baustein ist Anilin, ein aromatisches Amin, das aus Erdöl gewonnen wird.

Anilin steht im Verdacht krebserregend zu sein und kann vermutlich genetische Defekte verursachen.  Wird der Stoff über die Haut aufgenommen, kann es in Folge zum Beispiel zur Blaufärbung von Fingern und Lippen, zu Herzklopfen oder zu Schweißausbrüchen kommen. In der EU gibt es keine gesetzlichen Vorgaben für den Einsatz von Anilin in Farbstoffen oder für den zulässigen Gehalt von (freiem) Anilin in Jeanshosen.

Textilsiegel: Empfohlene Höchstmengen für Anilin

Aufgrund der möglichen gesundheitsschädlichen Risiken von Anilin geben kritische Organisationen wie der GOTS (Global Organic Textil Standard) und der IVN (Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft e.V.) in ihren Anforderungen an Textilien einen möglichst geringen Gehalt an aromatischen Aminen vor. Nach diesen Richtlinien darf abspaltbares und frei verfügbares Anilin (Rückstände aus der Farbstoffherstellung) nicht oberhalb von 100 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) im Textil vorhanden sein. Der Öko-Tex Standard 100 gibt für die Gruppe geprüfter Jeanshosen sogar einen Maximalgehalt von 50 mg/kg vor.

Jeanshosen auf Anilin untersucht

In einer Stichprobe hat Markt Jeanshosen von einem akkreditierten Labor auf in Indigo-Farbstoffen gebundenes Anilin überprüfen lassen:

  • Jeans von C&A für 19,90 Euro
  • Jeans von H&M für 29,99 Euro
  • Jeans von Street One für 49,99 Euro
  • Jeans von Levi‘s für 99,95 Euro
  • Bio-Jeans von Hess Natur für 109 Euro

In allen fünf Jeanshosen hat das Labor mit einem speziellen Spaltverfahren Spuren von Anilin nachgewiesen. Der Anteil lag jedoch deutlich unter den Vorgaben der Textilsiegelanbieter: Am geringsten belastet waren die Hose von C&A mit 8 Milligramm pro Kilogramm, Street One und H&M (jeweils 9 mg/kg). Etwas höher lag der Anilin-Gehalt der Bio-Jeans von Hess Natur (13 mg/kg) und der Levi's Jeans (16 mg/kg).

Da bislang wissenschaftlich nicht erwiesen ist, ob Anilin auch in der Praxis durch chemische Reaktionen aus Indigoblau gespalten und freigesetzt werden kann, hat die Markt-Redaktion alle fünf Jeanshosen zusätzlich auf freies Anilin untersuchen lassen. In keiner der Hosen konnte das Labor Spuren von freiem Anilin feststellen.

Tipp: Zum Entfernen von chemischen Resten aus der Produktion sollte man Jeanshosen und andere Textilien vor dem ersten Tragen waschen. So kann man auch allergischen Reaktionen und Hautirritationen vorbeugen.

Das sagen die Hersteller zu den Ergebnissen

C&A teilte mit, dass "die nachgewiesene Menge an Anilin (...) weit unter dem diskutierten Grenzwert" liege. Daher könne das Ergebnis als "lediglich geringe Verunreinigung angesehen werden".

Street One erklärte, dass Anilin eine "unvermeidbare Verunreinigung des Jeansfarbstoffes Indigo" sei. Für seine Textilien habe das Unternehmen sich aber "einen Anilin-Grenzwert gesetzt, der sich an den großen Textillabeln orientiert".

H&M schrieb: "Bei den gefundenen Spurenmengen können wir eine Kontamination in der Färberei oder ähnlichem nicht ausschließen."

Hess Natur antwortete: "Wir arbeiten kontinuierlich an einer Weiterentwicklung unserer Färbeverfahren."

Levi's betonte: "Unsere Innovations-Teams suchen kontinuierlich nach Alternativen für die in unserer Lieferkette verwendeten Chemikalien, auch für Indigo."

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Dieses Thema im Programm:

Markt | 04.11.2019 | 20:15 Uhr

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