Cheapflation: Wenn Eigenmarken im Preis stärker steigen
Cheapflation setzt sich zusammen aus "cheap", dem englischen Begriff für günstig und "Inflation", der Preissteigerung. Dieses Phänomen ist auf dem Lebensmittelmarkt in Deutschland seit 2020 deutlich zu beobachten.
Eigenmarken in Supermärkten oder Discountern gelten traditionell als günstige Alternative zu Markenprodukten. Das sind sie auch. Im Schnitt spart der Verbraucher 45 Prozent, wenn er auf das Produkt der Eigenmarke setzt. Doch jetzt zeigt sich: In Zeiten der Inflation sind die Preise dieser günstigen Artikel besonders stark im Preis gestiegen. Studien beweisen, dass die Preise für Eigenmarken fast doppelt so stark gestiegen sind wie die der Markenartikel. Besonders auffällig ist das bei Alltagsprodukten wie Orangensaft oder Kaffee. Bei diesen Lebensmitteln wurden Eigenmarken teils um zwei Drittel teurer, während Markenprodukte "nur" um ein Drittel zulegten.
Wie kommt es zu der Cheapflation?
Handelsexperten sagen, die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen hat die hohe Inflation der letzten Jahre dazu geführt, dass viele Verbraucher verstärkt zu Eigenmarken greifen, um Geld zu sparen. Diese gestiegene Nachfrage gibt den Handelsketten Spielraum, die Preise für Eigenmarken deutlicher anzuheben. Zudem waren Eigenmarken in Deutschland vor der Krise besonders günstig - die Preislücke zu Markenprodukten war groß.
Mit der hohen Nachfrage und den gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Energie und Logistik konnten Supermärkte und Discounter die Preise ihrer Eigenmarken stärker erhöhen, ohne dabei Kunden zu verlieren. Zu guter Letzt nutzen viele Handelsketten die Gelegenheit, die Margen bei Eigenmarken zu verbessern, da sie bei diesen Produkten mehr Preissetzungsmacht haben als bei Markenartikeln, für die sie mit den Herstellern über Preiserhöhungen verhandeln müssen. Außerdem verdienen die Händler an dem Verkauf ihrer eigenen Handelsmarken wesentlich mehr, weswegen eine Preissteigerung auch eine Umsatzsteigerung bedeutet.
Das gleiche Produkt - derselbe Hersteller
Allerdings scheint auch der Vorwurf, die Händler würden die Situation ausnutzen und die Preise stärker anheben, als durch die Produktionskosten gerechtfertigt, nachvollziehbar. Zum Beispiel, wenn man bedenkt, dass viele Produkte der Marken und Eigenmarken denselben Hersteller haben. Beispiel: Salzstangen. Das Produkt von Lorenz ist in den vergangenen drei Jahren im Preis um 22,3 Prozent gestiegen. Das Produkt der Eigenmarken im selben Zeitraum um 67,9 Prozent. Das Produkt der Rewe Eigenmarke "Ja!" stammt aber von demselben Hersteller.
Einkommensschwache Verbraucher stark betroffen
Insgesamt sind die Preise für Lebensmittel in den vergangenen vier Jahren um 35 Prozent gestiegen. Einkommensstarke Verbraucher können sich zwischen teurem Markenprodukt und dem günstigeren Produkt der Eigenmarke frei entscheiden. Einkommensschwächere Verbraucher sind aber auf die günstigen Eigenmarkenprodukte angewiesen und leiden deswegen besonders unter den Preissteigerungen. Denn eine andere, noch günstigere, Alternative zu den Eigenmarken gibt es nicht.
Wie gut sind Eigenmarken?
Die Qualität von Eigenmarken ist nach wie vor hoch. Umfangreiche Tests, etwa von Stiftung Warentest, zeigen: Die Qualitätsunterschiede zwischen Eigenmarken und Markenprodukten sind meist gering. In vielen Fällen schneiden Eigenmarken sogar besser ab - sie erhielten im Durchschnitt die Note 2,7, während Markenprodukte auf 2,8 kamen. Auch bei Schadstoffen, Keimen und Geschmack gibt es kaum Unterschiede. Der Hauptgrund für den niedrigeren Preis von Eigenmarken liegt weniger in der Qualität, sondern vor allem in geringeren Marketing- und Verpackungskosten. Studien zur Kundenzufriedenheit bestätigen, dass Verbraucher Eigenmarken zunehmend als gleichwertige Alternative zu Markenprodukten ansehen und ihnen vertrauen.
