Stand: 21.02.2019 11:15 Uhr

Allergien und Klimawandel: Die Pollen fliegen länger

Zweige und männliche Blüten (Kätzchen) einer Purpur-Erle. © Colourbox Foto: Cilla
Die nicht heimische Purpurerle blüht schon im Dezember und macht Allergikern zu schaffen.

Allergien sind eine Volkskrankheit: Mindestens jeder vierte Bundesbürger erkrankt im Laufe seines Lebens an einer Allergie - und die Zahl der Betroffenen steigt. Am häufigsten ist dabei der sogenannte Heuschnupfen, also eine Allergie gegen Pollen. 14,8 Prozent der Erwachsenen leiden laut einer Studie des Robert Koch-Instituts daran. Neben Faktoren wie übertriebener Hygiene, Umweltverschmutzung und Ernährung machen Experten auch den Klimawandel für den Anstieg verantwortlich: Aufgrund steigender Temperaturen verkürzt sich die vegetationsfreie Zeit im Winter, sodass die Pollensaison im langjährigen Vergleich immer länger dauert. Neue Pflanzen wie Ambrosia breiten sich hierzulande aus, die zu den stärksten Allergieauslösern zählt. Zudem trägt Forschungen zufolge auch die Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in der Luft dazu bei, dass die Pollenproduktion allergieauslösender Pflanzenarten zunimmt.

Pollenzeit beginnt früher und endet später

Die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst misst kontinuierlich die Pollenbelastung in der Luft und meldet ihre Daten an den Deutschen Wetterdienst (DWD), der Vorhersagen zum Pollenflug erstellt. Aktuell - und angetrieben von den warmen Temperaturen - machen Hasel- und Erlenpollen Allergikern zu schaffen. Der Beginn des Pollenflugs sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, etwa der Feuchtigkeit im vergangenen Herbst, sagt der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Karl-Christian Bergmann. Im langjährigen Vergleich sei es aber so, dass Hasel-, Erlen- und auch Birkenpollen tendenziell früher fliegen: "Die Pollenflugzeit beginnt früher und endet später", stellt Bergmann fest. "Wir glauben, dass die Temperatur der wichtigste Faktor dafür ist."

Der Pollenflug im Jahresverlauf

Zu Beginn des Jahres, teilweise aber auch schon im Dezember, fliegen Hasel- und Erlenpollen, gefolgt von Birkenpollen (März bis Mai). Bereits im April beginnt die Gräserblüte. Der Roggen blüht von Mai bis Juni. Etwa ab Mitte Juli folgt der Beifuß. Im Spätsommer verlängert sich die Pollensaison durch das eingeschleppte Traubenkraut (Ambrosia), das sich hierzulande stark ausbreitet. (Auswahl einiger allergierelevanter Pollenarten/Quelle: Pollenflugkalender der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst)

Hasel und Purpurerle blühen schon im Dezember

Dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge waren Haselpollen in einigen der vergangenen Jahre schon rund um Weihnachten aktiv, wenn es zu dieser Zeit entsprechend warm war. Auch Erlenpollen sind zum Teil schon im Dezember in der Luft. Verantwortlich dafür ist die nicht heimische Purpurerle, eine Kreuzung aus der Japanischen und der Kaukasischen Erle, die aufgrund ihrer schönen Blätter besonders in Städten gepflanzt wird. Im Gegensatz zu ihren heimischen Verwandten, deren Pollen erst ab Februar fliegen, blüht sie bereits im Dezember und Januar.

Allergieauslöser Ambrosia breitet sich aus

Für eine Verlängerung der Pollensaison nach hinten sorgt vor allem das sogenannte Traubenkraut (Ambrosia). Ambrosia gehört zu den stärksten Allergieauslösern der Pflanzenwelt und wurde bereits 1860 mit Getreidelieferungen aus Nordamerika nach Europa eingeschleppt. Inzwischen breitet sich Ambrosia durch den Klimawandel und durch Beimischung in Vogelfutter auch hierzulande zunehmend aus. Die Pollen von Ambrosia und Beifuß seien zu 80 Prozent gleich, sagt Christian Bergmann von der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst. "Wer auf Beifuß reagiert, reagiert in der Regel auch auf Ambrosia."

Je mehr CO2, desto mehr Pollen

Der Klimawandel sorgt aber nicht nur für eine längere Pollenzeit und Probleme mit invasiven Arten. Wissenschaftler fanden heraus, dass ein höherer Kohlendioxid-Gehalt (CO2) in der Luft die Pollenproduktion einiger allergieauslösender Pflanzen erhöht. Zudem gibt es Hinweise, dass der mit dem Klimawandel einhergehende Anstieg von Luftschadstoffen wie Ozon und Feinstaub die Zusammensetzung von Pollen verändern und diese aggressiver machen kann.

"Weiterer Anstieg ist zu erwarten"

Experten sehen weiteren Forschungsbedarf. Aber: "Insgesamt weisen Daten einer Reihe von Studien darauf hin, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und einer weltweit beobachteten Zunahme von allergischen Atemwegserkrankungen gibt", heißt es beispielsweise beim Münchner Helmholtz-Zentrum. "Ein weiterer Anstieg sowie ein zunehmender Schweregrad der Erkrankungen ist zu erwarten."

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Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 28.02.2019 | 19:30 Uhr

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