Eine eingelegte Filmrolle in einem Kinoprojektor.

Pellwormer retten ihr Inselkino

Stand: 17.04.2022 19:30 Uhr

Als an Neujahr der Projektor des einzigen Kinos auf der nordfriesischen Insel Pellworm ausfällt, sind sich die ehrenamtlichen Betreiber einig: Es muss irgendwie weitergehen.

von Carsten Salzwedel

Es gibt nicht vieles, was man auf Pellworm abends machen kann. Kultur und Nachtleben sind hier eine Herausforderung, es gibt nahezu kein Angebot. Ein Kino Klub schafft da Abhilfe, bis im Januar der Projektor seinen Geist aufgibt - und die Existenz des Kinos gefährdet. Die Mitglieder vom Kino Klub Pellworm stehen vor der Entscheidung: aufgeben oder weitermachen? Die Alternative zum Inselkino ist das Kino in Husum - doch wenn Pellwormer dorthin fahren, um Kinofilme zu schauen, können sie das nur einmal im Monat, wenn es eine späte Fähre zurück auf die Insel gibt. Für die Mitglieder des Kino Klubs klar: Es muss weitergehen.

Ein Projektor muss her - und der kostet

Das Ziel: Ab spätestens Ostern soll es wieder ein Kino auf der Insel geben. Was der Kino Klub allerdings braucht, ist teuer: Ein neuer Projektor muss her. "Wir reden hier von einem Betrag im mittleren fünfstelligen Bereich, den wir finanzieren müssen," sagt der zweite Vorsitzende Felix Leitermann.

Zuschauer sitzen in einem Pellwormer Kino.
Der Kino Klub Pellworm ist ein Highlight auf der kleinen Nordsee-Insel.

Weil der Kino Klub eine gemeinnützige Kultureinrichtung ist und nicht wirtschaftlich läuft, kommt eine Wirtschaftsförderung für das Inselkino nicht infrage. Doch das Glück spielt mit: Der Klub bekommt über einen Förderantrag an die Aktivregion Uthlande das Geld für das Gerät. Doch die Ehrenamtler brauchen noch mehr: 15.000 Euro mindestens für Servertechnik, Einbauarbeiten und andere Kleinigkeiten. Und da kommt etwas ganz Wertvolles am Leben auf einer Insel zum Tragen: Alle halten zusammen und helfen einander. Mit einem Crowdfunding bekommen die Kinobetreiber 29.000 Euro zusammen.

Richtiges Kino-Feeling mit Sesseln, Sound und Popcorn

Der neue Projektor hängt jetzt unter der Decke vom Pellwormer Bürgerhus - eigentlich eine Multifunktionshalle mit Bühne und Tanzfläche. Wenn das Licht von außen reinscheint, ist von Kinoatmosphäre nicht viel zu spüren. Aber wenn die Klubmitglieder die Jalousien schließen, die roten Vorhänge zuziehen, den Film starten und aus den Surround-Lautsprechern satter Kinosound kommt, dann fühlt es sich wie ein richtiges Kino an. Dafür sorgen auch echte Kinosessel, die die Insulaner gebraucht vom Husumer Kino bekommen haben. 60 Plätze gibt es mit großzügigem Abstand auf rotem Teppich. Der Umbau vom leeren Saal zum Kino dauert dank vieler helfender Hände nur wenige Stunden.

Und dann, an Gründonnerstag, ist es geschafft: Die ersten beiden Filme laufen - noch vor Ostern, dem selbstgesteckten Ziel. Nachmittags läuft ein Familienfilm, das Kino ist ausgebucht, viele Eltern mit Kindern kommen her. An der Theke gibt es Snacks, Getränke und - natürlich - Popcorn. Auch Anne Fröhlich ist mit ihren Kindern hier zu Kur für drei Wochen. "Die Kinder freuen sich, dass wir nach der langen Corona-Zeit endlich wieder ins Kino können", sagt Fröhlich, die das Kino auch aus einem besonderen Grund gut findet. "Ich komme selbst von einer Insel in der Ostsee, da gibt es kein Kino - deswegen finde ich das richtig super."

Das Pellwormer Bürgerhaus.
Das Pellwormer Bürgerhus wird im Handumdrehen zum Kino.
Kino von Pellwormern für Pellwormer

Vor zwei Jahren hat Leitermann mit Thomas Tallowitz den Verein gegründet, beide sind im Vorstand. 60 Vereinsmitglieder waren es am Anfang, mittlerweile sind es mehr als 100, alle im Ehrenamt. Das hat auf der Insel mit etwa 1.200 Einwohnern ohnehin eine große Bedeutung, denn viele Insulaner haben gleich mehrere Ehrenämter. Im Kino arbeiten sie im Programmmanagement, an der Kasse, an der Theke und im Aufbau. "Das Kino ist ein gesellschaftliches Ereignis. Wir machen auch mal kulinarisches Kino, das kommt gut an", sagt Leitermann.

Dass zu Ostern die Vorstellungen ausgebucht sind, zeige, dass das Pellwormer Kino absolut eine Daseinsberechtigung hat, sagt Leitermann. "Urlaubsgäste sind aber nicht unsere primäre Zielgruppe", fügt der erste Vorsitzende Tallowitz an, "das Kino ist von Pellwormern für Pellwormer." Besonders im Herbst und Winter, den sehr dunklen Jahreszeiten auf der Insel, sei nicht viel los - da sei Kino genau das Richtige, findet Tallowitz. Mehr Plätze wollen sie erst mal nicht anbieten, aber vielleicht mehr Vorstellungstage - und das entscheiden sie auf der Insel gemeinsam.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 16.04.2022 | 19:30 Uhr

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