Freiwillige im Ökologischen Jahr bekämpfen den Japanischen Staudenknöterich in einem Moor bei Klein Bennebek. © NDR

Japanischer Staudenknöterich: Mit Starkstrom gegen invasive Arten

Stand: 06.09.2022 09:05 Uhr

Im Naturschutzgebiet Mönkeberger See bei Kiel breitet sich der Japanische Staudenknöterich besonders stark aus. Er ist eine invasive Art. Der NABU geht dagegen seit diesem Jahr mit Starkstrom vor.

von Anne-Dorette Ziems

Es gibt Dinge, die passen eigentlich nicht in den Wald: vier Stecker, ein Stromaggregat und eine Elektrolanze zum Beispiel. Genau das alles kommt aber bei Markus Sobotta vom Naturschutzbund (NABU) Kiel heute zum Einsatz. Er ist durch ganze Felder voller Japanischen Staudenknöterich gestapft, um ebenjenem jetzt mit Starkstrom den Kampf anzusagen. Im Naturschutzgebiet am Mönkeberger See bei Kiel verbreitet sich die invasive Art besonders stark.

Invasive Arten sind Pflanzen oder Tiere, die von Menschen aus ihren eigentlichen Verbreitungsgebieten in eine neue Umgebung gebracht wurden und dort bereits heimische Arten verdrängen. Der Japanische Staudenknöterich verdrängt im Naturschutzgebiet Mönkeberger See verschiedene andere Pflanzen wie Zittergras oder Knabenkraut. In Schleswig-Holstein gibt es noch mehr als 20 solcher invasiven Arten. Auch die werden bekämpft.

Neue Methode: Elektrolanze

Der NABU Kiel kümmert sich schon seit Jahren darum, dem Knöterich Einhalt zu gebieten. Das Mittel der Wahl war bisher ganz klassisch das Herausrupfen. "Denn wenn wir nichts unternehmen, dann gibt es hier Knöterichwälder und es wächst nichts anderes mehr außer Knöterich", erklärt Sobotta. Er engagiert sich seit vier Jahren im Naturschutzgebiet Mönkeberger See und hat hier schon mehr Knöteriche herausgerupft, als er zählen kann. Seit diesem Jahr testet er die neue Methode mit der Elektrolanze. Einen Vorteil sieht er direkt: "Das Rupfen geht sehr auf den Rücken und die Gelenke. Das ist schon sehr anstrengend. Die Elektrolanze ist jetzt ein Versuch, da anders ranzugehen."

Markus Sobotta steckt das Gerät vorsichtig zusammen, schließlich hantiert er mit Starkstrom. Der Generator brummt vor sich hin, noch ein prüfender Blick aufs Display, alle Lämpchen leuchten, er kann also loslegen. Mit der Elektrolanze "streichelt" er die Stiele. Die Bewegung sieht wie Streicheln aus. Die Funken, die dabei entstehen, erinnern aber eher an Schweißen. Die Prozedur ist tödlich für den Japanischen Staudenknöterich. Die Pflanze zerkocht und auch ein Teil der Wurzeln geht kaputt.

Woher kommt dieser Staudenknöterich?

Verschiedene Pflanzen- und Tierarten werden durch die Globalisierung immer häufiger und schneller durch den Menschen verbreitet. Teilweise passiert das aus Versehen über Handelsrouten. Teilweise aber auch bewusst, weil eine Art als Zierpflanze oder Nutztier eingeführt wird und sich dann unkontrolliert verbreitet. Zweiteres ist beim Japanischen Staudenknöterich der Fall. Der ist in Japan, Korea und China heimisch und wurde im 19. Jahrhundert als Zier- und Futterpflanze nach Europa eingeführt.

NABU baut Versuchfelder auf

Der NABU möchte natürlich auch auswerten, ob die Arbeit mit der Elektrolanze nicht nur angenehmer für den Rücken, sondern auch effizienter und nachhaltiger ist. Deswegen haben die Umweltschützenden eine Fläche, auf der der Knöterich wächst, in 16 Felder unterteilt. Auf denen probieren sie verschiedene Techniken aus: einmal Elektrolanze im Jahr, zweimal Elektrolanze im Jahr, Rupfen, eine Kombination aus Rupfen und Elektrolanze. Zusätzlich gibt es Kontrollfelder, auf denen der Knöterich einfach wachsen gelassen wird. Erste Ergebnisse dieses Versuchs erwarten die Untersuchenden nächstes Jahr.

Invasive Arten sind Landessache

Verantwortlich für Maßnahmen gegen invasive Arten ist in Schleswig-Holstein das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur. So kümmert sich das Land auch um die Finanzierung des Versuchs mit der Elektrolanze gegen den Japanischen Staudenknöterich.

Das Land legt ein besonderes Augenmerk auf Arten, die bisher noch gar nicht oder nur sehr selten vorkommen. In so einer frühen Phase der Invasion bestehe demnach durch frühzeitiges, koordiniertes Handeln die Möglichkeit, eine Etablierung dieser Arten zu verhindern. Dass das Vorgehen gegen invasive Arten wie den Japanischen Staudenknöterich gar nicht so einfach ist, bestätigt auch Markus Sobotta. "Den kleinzukriegen ist ein jahrelanges Projekt. Bei einem ganz neuen Bestand könnte das vielleicht in zwei Jahren gehen. Aber wenn er schon etabliert ist, ist das viel Handarbeit."

Welche Spezies als invasive Arten gelten, regelt die EU. Die führt die sogenannte "Unionsliste" - eine Liste invasiver, gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung. Die Liste wird mindestens alle sechs Jahre aktualisiert. Das Land prüft dann, welche der Arten in Schleswig-Holstein vorkommen und leitet entsprechende Maßnahmen ein, um eine weitere Ausbreitung der invasiven Arten zu verhindern.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 05.09.2022 | 19:30 Uhr

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