Eisbär-Zwillinge: "Kugeln mit Beinchen dran"
Noch halten sich die Eisbär-Zwillinge hinter den Kulissen des Zoos am Meer in Bremerhaven auf. Dort lernen sie gerade eifrig, Treppen zu steigen und mit Wasser umzugehen. Frank Schlepps beobachtet jeden Fortschritt, den die fast vier Monate alten Eisbärbabys machen. Zusammen mit seinem Kollegen Thomas Grunert ist er für die "Bärchen" zuständig, wie sie im Zoo sagen. Inzwischen seien die Zwillinge knapp 20 Kilogramm schwer: "Kleine Kugeln mit Beinchen dran", wie Schlepps die Eisbären auch nennt. Er habe schon viele Tierbabys auf dem Arm gehabt. "Aber es gibt wirklich nichts Süßeres als ein Eisbärenkind", sagt Schlepps. "Da geht einem das Herz auf."
Sohn von Eisbären angegriffen und schwer verletzt
Doch aus eigener Erfahrung weiß er, dass das niedliche Äußere nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass es Raubtiere seien. Denn im Zoo am Meer gab es 2006 einen Zwischenfall im Eisbärgehege: Schlepps' damals 25-jähriger Sohn, der als Tierpfleger im Zoo arbeitete, wollte das Gehege säubern. Vorher war aber versäumt worden, die Tiere in einen abgetrennten Bereich zu schicken. Der Tierpfleger wurde von zwei Eisbären angefallen und schwer verletzt. Der alarmierten Polizei gelang es, die Bären mit Schüssen und Futter abzulenken. Schlepps, damals Inspektor des Zoos, brachte seinen Sohn in Sicherheit, während die Eisbären in Schach gehalten wurden. Sein Sohn habe alles gut überwunden, sagt Schlepp. Nach dem Unfall übernahm er dessen Job als Eisbärenpfleger.
Bald dürfen die Eisbär-Zwillinge ins Außengehege
Seitdem betreut Schlepps bereits zum dritten Mal den Nachwuchs von Eisbärin "Valeska". Die erwachsenen Eisbärdamen "Lale" und "Lili" leben bereits in anderen Zoos. Im Sommer geht Schlepps in Rente. Dass "Valeska" am 8. Dezember vergangenen Jahres Zwillinge geboren hat, sei für ihn ein schöner Abschluss. "Für mich sind die Zwillinge ein absolutes Highlight", sagt Schlepps. Am liebsten hätte er die Babys ständig geknuddelt. Doch die Bindung dürfe nicht zu eng werden. Denn spätestens, wenn "Valeska" ihre Töchter in zwei Jahren aus dem Gehege verscheuche, müssten sie in einen anderen Zoo wechseln. Dieser Abschied solle ihnen nicht zu schwer gemacht werden. Doch jetzt steht für die Zwillinge erst einmal der nächste Schritt in die Freiheit an: In ein paar Wochen können sie zum ersten Mal ins Außengehege. Weil der Zoo derzeit wie alle Tierparks wegen der Corona-Pandemie geschlossen hat, ist noch unklar, ob Besucher dieses Ereignis verfolgen dürfen oder nicht.
