Trotz Putin-Nähe: Altkanzler Gerhard Schröder bleibt in SPD

Stand: 02.03.2023 19:15 Uhr

Die Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover hat entschieden: Altkanzler Gerhard Schröder darf Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bleiben. Dessen Anwalt lobt den Beschluss.

"Eine gute, politisch lobenswerte Entscheidung", kommentierte Michael Nagel den Beschluss. Dass Schröder in der Partei bleiben darf, zeige, dass sich das Recht auch bei politischem Gegenwind durchsetze. Mit der Entscheidung weist die Schiedskommission die Anträge von sieben klagenden Kreisverbänden der SPD in zweiter Instanz zurück. In dem Beschluss heißt es, dass sich "nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen" lasse, dass Schröder gegen Statuten, Grundsätze oder die Parteiordnung verstoßen oder sich einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht habe. "Möglicherweise haben deutsche Spitzenpolitiker die Gefahren einer Abhängigkeit von russischen Energielieferungen in den vergangenen 25 Jahren falsch eingeschätzt." Allerdings betreffe das aber auch andere Politiker der SPD und anderer Parteien. "Eine solche Fehleinschätzung dem Antragsgegner vorzuwerfen, führt indes zu weit."

Erste Instanz: Schröder verstößt nicht gegen Parteiordnung

Schröders Kritiker werfen ihm vor, wegen seiner engen Beziehung zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin, seinen Aktivitäten für russische Energiekonzerne und wegen seiner mangelnden Distanzierung zu Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine der SPD zu schaden. Doch im vergangenen August hatte die Schiedskommission in Schröders Unterbezirk Region Hannover bereits in erster Instanz entschieden, dass der Altkanzler, der seit 60 Jahren SPD-Mitglied ist, nicht gegen die Parteiordnung verstoße. Gegen die Entscheidung hatten die sieben SPD-Gliederungen Einspruch eingelegt. Das Parteiordnungsverfahren hatten ursprünglich 17 Parteigliederungen ins Rollen gebracht. Der ersten Entscheidung folgten Reaktionen aus den Reihen der SPD. Landeschef Stephan Weil zeigte Respekt für die rechtliche Einordnung der Schiedskommission, machte aber deutlich, dass der Altkanzler mit seinem Verhalten in der SPD isoliert dastehe.

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Dieses Thema im Programm:

Niedersachsen 18.00 | 02.03.2023 | 18:00 Uhr

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