Porträtaufnahme von Martina Thorausch © NDR

Kommentar: Schröder darf bleiben - Entscheidung war absehbar

Stand: 08.08.2022 16:12 Uhr

Eine Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover hat entschieden: Altbundeskanzler Gerhard Schröder behält sein Parteibuch. Der Beschluss ist eine Frage der Statuten, nicht der Moral.

Ein Kommentar von Martina Thorausch, Leiterin der Redaktion Landespolitik

Porträtaufnahme von Martina Thorausch © NDR
Die Empörung vieler Genossen sei nachvollziehbar, meint Martina Thorausch.

Altbundeskanzler Gerhard Schröder darf in der SPD bleiben. Die Entscheidung der zuständigen Schiedskommission in Hannover ist klar. Schröder kann sich die Hände reiben in einer Zeit, in der kaum noch jemand etwas mit ihm zu tun haben will. Dabei ist es durchaus nachvollziehbar, dass viele Genossinnen und Genossen mehr als empört sind und ihr einstiges Idol vom Sockel stoßen wollen - Haltung zeigen, den moralischen Kompass hochhalten.

Schröders Aussagen sind Schröders Privatangelegenheit

Warum distanziert sich der Altkanzler nicht von seinem Kumpel Putin? Warum hält er weiter zu einem Despoten, der gerade ein Land in Schutt und Asche legt, um mit einem barbarischen Krieg seinen imperialen Traum von einem Großrussland zu realisieren?

Ganz einfach: Weil Schröder das will.

Und aus Sicht der Schiedskommission darf er das auch. Denn mit einem Parteiausschluss sind hohe Hürden verbunden. Dass Schröder an seiner Freundschaft zu Putin und auf Russland-Kurs bleibt, sorgt zwar nach wie vor für Aufregung, ist aber in erster Linie seine eigene Angelegenheit.

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Gerhard Schröder (SPD), ehemaliger Bundeskanzler, zu Beginn einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestags zum Pipeline-Projekt Nord Stream 2 im Sitzungssaal. © picture alliance/dpa | Kay Nietfeld Foto: Kay Nietfeld

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Laut Schröders Anwalt war keine andere Entscheidung zu erwarten. Weil und Klingbeil sehen den Ex-Kanzler weiter isoliert. mehr

Kommission sieht keinen Schaden für die Partei

Ein Rauswurf aus der SPD wäre nur möglich gewesen, wenn Schröder vorsätzlich gegen die Statuten oder erheblich gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstoßen hätte. Und wenn dadurch schwerer Schaden für die Partei entstanden wäre. Das konnte die Schiedskommission eben nicht nachweisen. Oder anders gesagt: Hätte Schröder dazu aufgerufen, die CDU oder die Grünen zu wählen, wäre die Sachlage einfacher gewesen.

Entscheidung war vorhersehbar

Kategorien wie Moral, Würde oder auch Anstand spielen in einem Parteiordnungsverfahren aber keine Rolle. Und dürfen es auch nicht. Und so schmerzlich dies für den einen oder die andere klingt: Viel mehr war auch nicht drin in diesem Parteiordnungsverfahren. Auch wenn ein Rauswurf für so manchen in der Partei Balsam auf die Wunden gewesen wäre.

 

Anmerkung der Redaktion: Liebe Leserin, lieber Leser, die Trennung von Meinung und Information ist uns besonders wichtig. Meinungsbeiträge wie dieser Kommentar geben die persönliche Sicht der Autorin / des Autors wieder. Kommentare können und sollen eine klare Position beziehen. Sie können Zustimmung oder Widerspruch auslösen und auf diese Weise zur Diskussion anregen. Damit unterscheiden sich Kommentare bewusst von Berichten, die über einen Sachverhalt informieren und unterschiedliche Blickwinkel möglichst ausgewogen darstellen sollen.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 08.08.2022 | 16:00 Uhr

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