Viele Zweifel an Corona-Schnelltests für Schulen und Kitas
Von heute an sollen sich bundesweit Lehrer und Erzieher selbst auf das Coronavirus testen dürfen. Gegen die Möglichkeit gibt es viele Vorbehalte - unter anderem von der Niedersächsischen Ärztekammer.
Die Tests seien noch nicht so zuverlässig, sagte Ärztekammer-Sprecher Thomas Spieker NDR 1 Niedersachsen. Außerdem befürchtet er, dass die Antigen-Schnelltests von ungeschulten Personen nicht richtig durchgeführt werden und dadurch falsche Ergebnisse liefern. Auch Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) hat noch viele Fragen zum Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Laut Tonne ist nicht geregelt, wer die Tests anschafft, wer sie bezahlt und wie man sie sachgerecht einsetzt. Zudem dürfe nicht die Botschaft gesendet werden, das Coronavirus sei mit den Antigen-Schnelltests erledigt - sie seien kein Ersatz für die Hygienekonzepte.
Lehrergewerkschaft VBE beklagt Mehrarbeit
Kritik äußert auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Niedersachsen. Der Lehrergewerkschaft geht es dabei um die zusätzliche Mehrarbeit für Lehrer, die die Tests umsetzen sollen und dafür extra geschult werden müssen. "Der VBE ist für Antigen-Schnelltests in Schulen, aber durchgeführt und ausgewertet von geschultem Personal", sagte VBE-Landeschef Franz-Josef Meyer. Das geplante Verfahren sei schon jetzt "in dieser Form zum Scheitern verurteilt". Neben fehlenden personellen Ressourcen sei zudem unklar, ob genügend Testkapazitäten für alle interessierten Schulen und Kitas verfügbar seien.
"Absolut tabu": Corona-Tests an Kindern durch Lehrer
Vorbehalte hat auch Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). "Sollen Schulbeschäftigte nun ernsthaft zu Corona-Testfachleuten ausgebildet werden?", fragte die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth. Das Infektionsrisiko werde durch Antigen-Schnelltests nicht geringer. Zudem sei unklar, wer sich um Kauf und Verteilung der Schnelltests kümmere. Pooth warf auch die Frage auf, ob Beschäftigte später eventuell auch Schüler testen sollen. Die GEW würde sich dem deutlich entgegenstellen. Auch der VBE lehnt dies ab: "Corona-Tests bei Kindern durch Lehrkräfte sind für den VBE ohnehin absolut tabu", sagte Meyer.
Zustimmung bei der Direktorenvereinigung
Der Vorsitzende der Niedersächsischen Direktorenvereinigung (NDV), Wolfgang Schimpf, begrüßt dagegen die Tests: Sie entlasteten den Schulbetrieb. Durch die Schnelltests könne früher erkannt werden, wer infektiös sei. In der Folge könnte schneller reagiert werden und es könnten sich auch Quarantänezeiten an Schulen verkürzen, so Schimpf.
Geschultes Personal notwendig
Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums können Kitas und Schulen seit diesem Freitag eigenständig Corona-Schnelltests beziehen und auch nutzen. Grundlage dafür seien eine in Kraft tretende Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung und die kürzlich beschlossenen Änderungen des Infektionsschutzgesetzes, wodurch der Arztvorbehalt bei Schnelltests entfallen sei. Die Tests müssen allerdings durch entsprechend geschultes Personal erfolgen. Das in Berlin ansässige Robert Koch-Institut (RKI) rät, speziell geschulte Hygienebeauftragte an Kitas und Schulen einzusetzen. Nur wenn eine gewisse Kenntnis vorhanden sei, seien die Test sinnvoll einzusetzen, sagte RKI-Chef Lothar Wieler.
