Thyssenkrupp Marine Systems in Wismar: Kriegsschiffe statt Kreuzliner
Für den Werftstandort Wismar ist eine Lösung gefunden worden. Der Kieler Rüstungskonzern Thyssenkrupp Marine Systems hat das Areal der insolventen MV-Werften gekauft. Dort sollen ab 2024 Marineschiffe gebaut werden - mit 800 bis 1.500 Beschäftigten.
Wie der Insolvenzverwalter der MV-Werften, Christoph Morgen, am Freitagvormittag mitteilte, ist der Kaufvertrag mit TKMS am Donnerstag unterzeichnet worden. Darin sei vereinbart worden, dass die MV-Werften das Areal noch bis Ende 2023 nutzen können, Hintergrund ist, dass dort noch das zu rund 80 Prozent fertiggestellte Kreuzfahrtschiff "Global 1" liegt. Insolvenzverwalter Morgen ist weiter auf der Suche nach einem Käufer für den gut 340 Meter langen Ozeanriesen. Von 2024 an kann TKMS dann in Wismar mit den eigenen Produktionsvorhaben starten. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.
Krieg in der Ukraine hat die Karten neu gemischt
Diese könnten Korvetten, Fregatten und vor allem U-Boote sein, wie TKMS-Chef Oliver Burkhard erklärte. Der Kauf der Werft stelle eine "sehr gute strategische Ergänzung" dar. "Der Anlass - der Krieg in der Ukraine - auf den hätten wir gerne verzichtet." Aber durch die "Neukalibrierung der Sicherheitspolitik" im Zuge des russischen Krieges gegen die Ukraine würden Marineschiffe von öffentlichen Auftraggebern stark nachgefragt. Die Auftragsbücher von TKMS sollen bis weit über das Jahr 2030 hinaus gefüllt sein. Burkhard war voll des Lobes für den Standort. Er sprach von einer "exzellenten Belegschaft" und einem "hervorragenden Standort". "Wir glauben, dass wir hier gemeinsam Erfolg haben werden. Wir werden langfristig hier bleiben."
"Die Werft steht weiter für gute Arbeit"
Der TKMS-Chef sprach von "ordentlichen, anständigen Arbeitsplätzen". Zunächst sollen es 800 sein, perspektivisch könnte der Mitarbeiterstamm auf 1.500 wachsen. Burkhard versprach, dass TKMS Tariflöhne zahlen werde und sich an Demokratie im Betrieb halte. Mit der IG Metall und dem Betriebsrat sei zudem vereinbart worden, dass die jetzigen Auszubildenden komplett übernommen werden sollen. Zudem sollen im Bereich Engineering 50 bis 100 neue Mitarbeiter schon zeitnah mit ihrer Konstruktionsarbeit anfangen. Von einem "guten Tag, um die Zukunft zu bauen", sprach auch der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich. "Die Werft steht weiter für gute Arbeit."
Lange Überbrückungszeit als Herausforderung
Doch alle Beteiligten waren sich einig, dass die lange Übergangszeit bis 2024 eine Herausforderung darstelle. Es gelte nun "intelligente Beschäftigungsbrücken zu bauen" - vom Ende der Transfergesellschaft bis zum Produktionsstart von TKMS. Auch die MV-Werften-Betriebsratschefin Ines Scheel sprach von einem "Wermutstropfen", allerdings überwiege die Freude darüber, dass es eine dauerhafte Perspektive gebe. Die hob auch Mecklenburg-Vorpommerns-Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) hervor. TKMS sei "ein absolut zuverlässiges, leistungsfähiges Unternehmen", das er aus seiner Zeit als Mitglied der Landesregierung in Schleswig-Holstein gut kenne. Aufgrund der guten Perspektiven habe sich die Landesregierung auch entschieden, für die rund 1.470 Beschäftigten der insolventen MV-Werften die Transfergesellschaft bis Ende Oktober zu verlängern. Viele von ihnen wollen laut Meyer für TKMS arbeiten.
Die MV-Werften hatten im Januar Insolvenzanträge gestellt, nachdem Gespräche über finanzielle Hilfen mit dem Bund und dem Land Mecklenburg-Vorpommern seitens der Werften als aussichtslos eingeschätzt wurden. Die Unternehmens-Gruppe gehört zum Konzern Genting Hongkong. Betroffen von dem Insolvenzverfahren sind acht Unternehmen an den drei Werft-Standorten in Wismar, Rostock-Warnemünde und Stralsund.
