Familie Zarnikow aus Hohen Wangelin: "Die Politik hat sich unglaubwürdig gemacht"
Wie geht es uns? Was wünschen wir uns, um über den zweiten Winter der Pandemie zu kommen und gemeinsam Wege aus der Krise zu finden? Corona und wir in MV: Über Monate hat der NDR in Mecklenburg-Vorpommern Menschen aus dem Land begleitet und nachgefragt, wie sie die Zeit zwischen Sommer und Winter 2021 erlebt haben.
Bei Felix Zarnikow ist seit Beginn der Corona-Pandemie viel Schulstoff auf der Strecke geblieben - zu viel. Lange musste er zu Hause am Computer lernen, denn sein Vater gehört zur Risikogruppe. Im Sommer dieses Jahres stand seine Versetzung noch auf der Kippe. Mittlerweile hat sich die Befürchtung bestätigt: Felix muss die Klassenstufe wiederholen. Besonders bitter ist es für ihn, dass er aufgrund der aktuellen Corona-Regeln seine alten Freunde in der Schule nicht mehr sieht, denn die Klassenstufen müssen ihre Pausen getrennt verbringen.
Torsten Zarnikow: "Der Schlendrian ist noch da"
Aber Felix und sein Vater Torsten Zarnikow sind dennoch froh, dass die Schulen offen sind. So herrscht für die Familie weitgehend ein normaler Alltag. Trotzdem sieht Torsten Zarnikow die Folgen des Homeschoolings bei seinem Sohn: "Die Motivation fällt schwer. Felix hat immer noch einen gewissen Schlendrian und ist oft down." Auch in der Freizeit fällt für ihn Vieles weg. Familie Zarnikow wohnt auf dem Land. Ein Bus in die nächste Stadt fährt am Nachmittag nicht mehr, das Fußballtraining fällt momentan aus. Zwar hat die Familie die Sommer- und Herbstferien gut ausgenutzt und war viel unterwegs, doch Kontakte aufrechterhalten - das geht jetzt im Winter wieder nur online.
Täglich wechselnde Regeln schränkten ein
Dass die Corona-Zahlen in der kalten Jahreszeit wieder nach oben schnellen, das habe Torsten Zarnikow befürchtet, sagt er. Im Sommer noch ärgerte er sich, dass das Impfen nicht schnell genug voran geht - jetzt wächst der Ärger über die Mitmenschen, die das Angebot nicht nutzen. Ob die Schutzmaßnahmen richtig oder falsch sind, könne er nicht bewerten. Wohl aber hätten sich die Regeln oft zu schnell geändert, sagt Torsten Zarnikow: "Man muss immer im Hinterkopf haben, dass sich die Regeln von heute auf morgen ändern. Ich weiß nicht, ob ich mit den Kindern noch zum Frisör kann, ich weiß nicht ob ich morgen noch mit den Kindern Schuhe einkaufen gehen kann - das schränkt ein." Die Politik habe sich damit vor allem unglaubwürdig gemacht.
Wunsch nach klaren Regeln
Auch in der Schule war das so, vor allem bei der Testpflicht: "In der Schule heißt es, man müsse die Kinder täglich testen, dann ist klar, es gibt gar nicht genug Tests und in der Verordnung steht aber, die Kinder müssen dreimal Mal pro Woche getestet werden - ich wusste oft nicht, wie wir es nun richtig machen." Familie Zarnikow wünscht sich deshalb für die kommenden Wochen und Monate, dass die Regeln eindeutiger und planbarer werden und damit vor allem auch die Schulen weiterhin offen bleiben können. Doch der Wunschzettel von Torsten Zarnikow ist noch länger: "Es gibt so viele Themen, wie zum Beispiel Inklusion, die bleiben seit mittlerweile zwei Jahren auf der Strecke. So viele Fragen und Probleme sind nicht geklärt. Es wäre schön, wenn es da endlich weitergeht."
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