Traditionsbäckerei aus Gallin auf Erfolgskurs
Viele der rund 158 Handwerksbäckereien in Mecklenburg-Vorpommern hatten in den letzten Jahren zu kämpfen - mit hohen Energiepreisen und Nachwuchssorgen. Mit neuem Konzept und Namen ist der Familienbetrieb "Backverrückt" aus Gallin jetzt auf Erfolgskurs.
Mit 3.000 Brotspezialitäten zählt die deutsche Brotkultur zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Auch aus diesem Grund wird jedes Jahr am 5. Mai der Tag des Deutschen Brotes zelebriert.
Weltmeisterbrötchen für den nächsten Tag
Es ist warm, laut und es duftet in der geräumigen Backstube in Gallin (Landkreis Ludwigslust-Parchim). In einem riesigen Behälter rühren Knethaken einen Teig. "Das sind 250 Kilogramm. Das ist jetzt unser Weltmeisterteig", erklärt Juniorchef Malte Wohlgemuth. "Daraus werden jetzt die Weltmeister-Brötchen für den nächsten Tag." Er deutet auf einen seinen Mitarbeiter: "Der junge Mann dahinten wirkt die lang, dann fahren sie über eine Maschine und werden vorne in die Körner abgedrückt." Dann werden die Rohlinge gekühlt - bis mittags bei einem Grad. Danach wird die Temperatur auf zwölf Grad hochgefahren. Und die Brötchen können lange reifen. Dann erst gehen die Rohlinge am nächsten Tag in die Filialen und werden dort frisch gebacken.
Weniger Nachtschichten, mehr Nachwuchs?
Malte Wohlgemuth ist Bäcker in der fünften Generation. Zusammen mit Vater Guido hat er vor sechs Jahren den Familienbetrieb neu aufgestellt. Das Motto: Klasse statt Masse. "Wir haben die Filialen deutlich reduziert, Malte kam gerade aus seiner Ausbildung zum Bäckermeister. Und nach nächtelangem Brainstorming entstand ein neues Konzept und ein neuer Name", erinnert sich Vater Guido Wohlgemuth. Aus der Traditionsbäckerei "Kluth" wurde "Backverrückt". Die Backschichten wurden teilweise aus der Nacht in den Vormittag verlegt. Auch, um den Job für neue Mitarbeiter attraktiver zu machen.
Neues Konzept ist erfolgreich
Bislang kommt das neue Konzept gut an - die Verkaufszahlen gehen stetig nach oben. Der Renner bei den Kunden sind vor allem lang gereifte Sauerteige mit intensiven Aromen und der besonderen Kruste. Die sind deutlich bekömmlicher, auch für Menschen mit Unverträglichkeiten, als industriell gefertigte Brote mit Zusatzstoffen. "Unsere beliebtesten Brote sind der 'Alte Fritz', ein Schwarzbrot aus Vollkornschrot. Das backen wir immer noch nach dem 125 Jahre alten Originalrezept", erklärt Juniorchef Malte. "Und unser 300 Grad Dinkelbrot mit Röstaromen." Hier wird altes Brot sozusagen "recyclet", eingeweicht, geröstet und wieder dem neuen 300 Grad Brot beigemischt. "Das gibt einen super Geschmack", schwärmt Junior Chef Malte.
Curry oder Feta: Kundenwünsche willkommen
Ab und zu backt Malte Wohlgemuth auch besondere Partybrote zum Beispiel mit Curry oder Feta mit Tomate - spezielle Kundenwünsche sind kein Problem. 2019 haben Vater und Sohn ihre Filialen drastisch reduziert. Insgesamt haben sie noch 50 Beschäftigte, in Gallin, Dümmer und Boizenburg. Eigene Cafés gibt es in Zarrentin und Wittenburg. Gelernt hat Juniorchef Malte in Lüneburg und sich danach deutschlandweit bei anderen Bäckern umgeschaut. Vater Guido ist hörbar stolz auf seinen Sohn. "Wenn ich dann manchmal morgens bei Malte in der Backstube vorbei schaue, dann sagt er: Guck mal Papa, unser Brot lebt. Das ist für mich so ein schönes Gefühl, wenn die Kruste im Ofen so kracht, sie macht richtig Geräusche." Und so sind beide wohl die größten Fans ihres eigenen Brotes.
