Verkehrsminister von Bund und Ländern schlagen 49-Euro-Ticket vor

Stand: 13.10.2022 15:16 Uhr

Die Verkehrsminister von Bund und Ländern halten grundsätzlich ein bundesweites Nahverkehrsticket für monatlich 49 Euro als Nachfolger des 9-Euro-Tickets für möglich. Dies geht aus einem Beschlusspapier zur Verkehrsministerkonferenz hervor.

"Die Verkehrsministerkonferenz hält in Übereinstimmung mit dem Bund einen Einführungspreis von 49 Euro pro Monat im monatlich kündbaren Abonnement für ein mögliches Angebot", heißt es darin. Bund und Länder unterstützten eine schnellstmögliche Einführung. Der Bund stelle ab 2023 hierfür 1,5 Milliarden jährlich zur Verfügung, heißt es weiter. Ziel sei eine Finanzierung durch die Länder in gleicher Höhe.

Wissing: Keine Einigung zur Finanzierung

Es habe in dieser Frage leider noch keine Einigung gegeben, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Es seien nun die technischen und inhaltlichen Fragen geklärt, so dass mit Vorbereitungen für die Umsetzung angefangen werden könne. Eine Einführung des bundesweiten Tickets zum 1. Januar 2023 "soll unser Ziel sein", sagte Wissing. Offen geblieben sei die Finanzierung des Nahverkehrs insgesamt und der Umgang mit gestiegenen Energiekosten, machte der Minister deutlich.

Das Ticket soll papierlos sein, deutschlandweit gelten und "möglichst schnell" eingeführt werden. Nach zwei Jahren soll das Paket zudem evaluiert werden. Die Länder seien unter der Bedingung einer Verständigung über die Regionalisierungsmittel zur Kofinanzierung grundsätzlich bereit, sagte Bremens Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) als Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz. Genauer gehe es um generell mehr Geld vom Bund zur Finanzierung des Nahverkehrs. Das schönste Ticket nütze nichts, wenn kein Bus fahre.

Die Ministerpräsidenten haben sich mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) bisher nicht auf finanzielle Details bezüglich des Tickets einigen können. Daher muss sich die Ministerpräsidentenkonferenz nun mit diesem "Vorschlag" beschäftigen.

Meyer: Einigung zu 49-Euro-Ticket unter Vorbehalt

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Reinhard Meyer (SPD) wies darauf hin, dass die Einigung noch nicht endgültig ist und von einer Erhöhung der Regionalisierungsmittel abhängt. "Nur dann ist das 49-Euro-Ticket in den Ländern darstellbar", sagte er. Sein niedersächsischer Amtskollege Bernd Althusmann (CDU) fordert ebenfalls mehr Geld vom Bund. Ansonsten könne das Nahverkehrsangebot nicht aufrechterhalten werden. Das Modell sei "insbesondere für den ländlichen Raum und unsere Tourismusregionen attraktiv - nicht zuletzt, weil es über die nötige Flexibilität verfügt", sagte er.

Auch Schleswig-Holsteins Verkehrsstaatssekretär Tobias von der Heide (CDU) fordert deutlich mehr Mittel für Erhalt und Ausbau des Nahverkehrs und zum Ausgleich gestiegener Kosten. Sonst drohe die Abbestellung von Zügen und ein Ausdünnen des Angebots. "Und dann nützt auch das attraktivste Ticket nichts", sagte er.

Zu teuer und ausgrenzend?

Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, bezeichnete den Vorschlag als "Schritt in die richtige Richtung". Er ändere aber nichts an den Defiziten öffentlicher Verkehrsmittel. "Jetzt müssen deren Kapazitäten massiv ausgebaut und die Qualität verbessert werden", sagte er. Nur so könnten mehr Menschen davon überzeugt werden, vom Auto auf Busse und Bahnen umzusteigen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sagte: "Das 49-Euro-Ticket ist vor allem eine Kompromisslösung. Für breite Teile der Bevölkerung wird dieses Ticket schlichtweg zu teuer sein." Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK, kritisierte zudem, dass es das neue Ticket ausschließlich digital geben solle. Wer sich kein Smartphone leisten kann, sei damit ausgeschlossen.

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) erwartet von der Ministerpräsidentenkonferenz und der Bundesregierung eine Einigung über offene Finanzierungsfragen im Nahverkehr. "Die Branche braucht dringend die nötige Finanzierungssicherheit bei den Regionalisierungsmitteln und bei der Kompensation für die gestiegenen Energiekosten", sagte Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. Es liege an der Bundesregierung und an den Ministerpräsidenten, die nötigen finanziellen Zusagen zu treffen. "Wir laufen Gefahr, dass wir massiv und flächendeckend Angebote im ÖPNV einstellen müssen, weil sie wegen der Kostensteigerungen nicht mehr finanzierbar sind." Das dürfe nicht passieren.

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NDR Info | 13.10.2022 | 15:00 Uhr

Ein Smartphone mit einem eingeblendeten NDR Screenshot (Montage) © Colourbox Foto: Blackzheep

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