Nationale Maritime Konferenz: Scholz verspricht Hilfe für Häfen

Stand: 15.09.2023 16:52 Uhr

Auch heute noch diskutieren in Bremen 800 Teilnehmende auf der Nationalen Maritimen Konferenz (NMK). Schirmherr ist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Die Konferenz steht unter dem Motto "Standort stärken. Klima schützen. Zukunft gestalten".

Scholz versprach den Ländern zum Auftakt am Donnerstag Unterstützung beim Erhalt und Ausbau der Häfen: "Der Bund bekennt sich klar zu seinem Teil der Verantwortung für leistungsstarke und zukunftssichere Häfen mit den notwendigen Hafeninfrastrukturen." Die nationale Hafenstrategie soll laut Kanzler Scholz in den kommenden Monaten konkrete Gestalt annehmen: "Mir ist wichtig, dass sie noch in diesem Jahr vom Kabinett beschlossen wird." Und: "Aus Sicht der Länder gehört dazu auch eine Erhöhung der finanziellen Mittel - ich weiß es." Konkrete finanzielle Zusicherungen machte der Kanzler jedoch nicht. Die Küstenländer und die Hafenwirtschaft hatten im Vorfeld eine "Zeitenwende" bei der Finanzierung der Seehäfen gefordert.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, l) und Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen, r), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, stehen nebeneinander für ein Gruppenbild bei der 13. Nationalen Maritimen Konferenz im Congress Centrum Bremen. © dpa Foto: Michael Matthey
AUDIO: Nationale Maritime Konferenz in Bremen mit Scholz und Habeck (6 Min)

"Bremer Erklärung" fordert mehr Geld vom Bund für Seehäfen

Der Bund müsse die Finanzierung der Seehäfen massiv ausweiten, heißt es in einem Schreiben von Montag, das als "Bremer Erklärung" betitelt ist. Allein für die Infrastruktur in den Häfen, welche unter die Zuständigkeit der Länder fällt, werden rund 400 Millionen Euro im Jahr verlangt. Das wird mit gestiegenen Kosten begründet. Diese hätten sich seit 2005 ungefähr verzehnfacht. Seitdem zahlt der Bund jährlich 38,3 Millionen Euro an die Länder. Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) fasste am Donnerstag auf NDR Info die Forderungen der Länder an den Bund zusammen. Dieser müsse künftig das Zehnfache wie bisher in die Häfen investieren, so Leonhard.

Melanie Leonhard (SPD), Wirtschaftsenatorin von Hamburg, bei einer Pressekonferenz. © picture alliance/dpa Foto: Sven Hoppe
AUDIO: Leonhard: "Wir brauchen mehr Geld vom Bund für die Seehäfen" (6 Min)

"Wenn man bedenkt, was der Bund in die Autobahn-Infrastruktur und die Schienen-Infrastruktur an anderen Stellen investiert, ist das eher ein kleiner Beitrag für das wichtigste Tor der Export-Nation Deutschlands", sagte Leonhard. Über die Seehäfen werde das meiste an Gütern in andere Länder gebracht und komme nach Deutschland herein. Ähnlich äußerte sich Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD): "Der Bund muss mehr finanzielle Verantwortung für die Häfen übernehmen." Mit 38 Millionen Euro könne man heute keine größere Kita oder Schule mehr bauen. "Für eine nationale Hafenstrategie ist das definitiv zu wenig", so Bovenschulte.

Die Bremer Hafensenatorin Kristina Vogt (Linke) zeigte sich am Freitag von dem Ergebnis der Konferenz enttäuscht. Vogt kündigte an, bei den Forderungen an die Bundesregierung nicht nachzugeben.

Das Marine Schiff "Frankfurt am Main" verlässt den Hafen in Wilhelmshaven. © Nord-West-Media TV
AUDIO: Maritime Konferenz in Bremen: Höhere Verteidigungsausgaben nötig? (4 Min)

Maritime Sicherheit stärken?

Am zweiten Tag der NMK standen die maritime Sicherheit und der Schutz maritimer Infrastrukturen im Fokus. Die maritime Sicherheit in Deutschland soll angesichts zunehmender Herausforderungen auf See gestärkt werden. "In einer neuen Welt, in der sich der Systemkonflikt auch auf See manifestieren wird, muss die Ertüchtigung der deutschen Marine eine Priorität sein", sagte Siemtje Möller, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesverteidigungsministerium. Vor dem Hintergrund der "wachsenden Bedrohungslage" werde Deutschland noch mehr in die Unterwasserfähigkeiten investieren, sagte die Verteidigungsstaatssekretärin. Nötig seien "nachhaltige Investitionen in das Beste an Personal, Ausrüstung und Material".

Kaack: "Wir müssen schneller werden"

Der Inspekteur der Deutschen Marine forderte mehr Tempo bei der Ertüchtigung. "Unsere gesamtstaatlichen Prozesse sind noch im Friedensbetrieb", kritisierte Jan Christian Kaack. "Hier können wir sicherlich noch ein wenig mehr Deutschlandtempo und Selbstkritik vertragen." Seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine stehe Deutschland in einem Innovations- und einem Fertigungswettbewerb. "Von daher müssen wir vor allem schneller werden, in dem wie und was wir rüsten", sagte der Chef der Deutschen Marine.

Munitions-Altlasten sollen aus dem Meer geborgen werden

Sebastian Unger, Meeresbeauftragter der Bundesregierung, sagte, ein weiterer Aspekt maritimer Sicherheit sei die Entschärfung von 1,6 Millionen Tonnen Munition, die im Zuge der Weltkriege in Nord- und Ostsee versenkt worden waren. Nach all den Jahrzehnten roste die Munition durch und giftige Stoffe würden austreten. "Mit diesem Wissen will ja keiner mehr ins Wasser steigen", sagte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU). "Würde das bei uns auf den Straßen rumliegen, würden wir nicht jahrelang diskutieren, ob wir das wegräumen." Bis 2025 investiere die Bundesregierung rund 100 Millionen Euro, wichtig sei aber auch danach ein Schulterschluss von Bund und Ländern für Planungssicherheit und weitere Investitionen.

Habeck: Bremerhaven wird zweiter Standort für Konverter-Bau

Auf der NMK in Bremen ging es zuvor auch um das Thema Energiewende: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bekräftigte, Bremerhaven solle zweiter Standort für den Bau von Konverterplattformen für Offshore-Windkraftanlagen werden. Er sei zuversichtlich, "dass wir Konverterbau hier an der Küste im Westen und in Rostock erleben werden". In Konverterstationen wird der Strom von Windrädern gebündelt und für den Weitertransport zur Küste in Gleichstrom umgewandelt.

Der Bau der Konverterplattformen schaffe eine neue Wertschöpfungskette für Werften und gebe eine Antwort auf sicherheitspolitische Herausforderungen, sagte Habeck. "Es ist ein Thema von Energiesicherheit und damit von nationaler Sicherheit. Es muss so kommen." Über die Konverterplattformen auf einem Teil der Marinearsenal-Werft in Rostock-Warnemünde und in Bremerhaven laufen seit Monaten Gespräche. Nach Angaben der Bundesregierung wird erwartet, dass von 2026 bis 2045 allein für den deutschen Markt 33 Plattformen benötigt werden, die jeweils ein Auftragsvolumen von 1,5 bis 2 Milliarden Euro hätten.

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Keine Bedenken im Wirtschaftsministerium gegen MSC-Einstieg bei HHLA

Habeck nahm auch Stellung zum geplanten Einstieg der Reederei MSC beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA: Er habe mit Blick auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung keine Bedenken. Habeck sagte, es sei "ein Unterschied zwischen einem chinesischen Unternehmen und einem europäischen wie MSC". Die weltgrößte Container-Reederei MSC hatte angekündigt, bei der HHLA einzusteigen. Eine knappe Mehrheit an der Gesellschaft soll aber bei der Stadt Hamburg bleiben. Unter anderem die Gewerkschaft ver.di ist gegen den MSC-Einstieg: Die HHLA werfe jährlich erhebliche Geldmengen ab, die zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben verwendet würden. Der Hafen dürfe kein "Casino" für Privatunternehmen werden, so ver.di. Habeck sagte auf der NMK, die Bundesregierung könne nur in Ausnahmefällen prüfen, ob die Sicherheit und öffentliche Ordnung verletzt werde. Bei innereuropäischen Investoren wie der Schweizer MSC sei das nicht vorgesehen und könne nur auf Bitte des Unternehmens selbst erfolgen.

NMK größtes maritimes Branchentreffen in Deutschland

Die Nationale Maritime Konferenz gilt als die zentrale Veranstaltung der Bundesregierung zur Unterstützung der maritimen Wirtschaft und zugleich als das größte Branchentreffen. Die Konferenz findet seit 2000 alle zwei Jahre statt. Im Fokus steht der Austausch über die globalen, europäischen und nationalen Herausforderungen für Schifffahrt, Schiffbau, Häfen, Meerestechnik und Offshore Wind.

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NDR Info | NDR Info | 14.09.2023 | 21:45 Uhr

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