Corona-Patienten in Sorge wegen Langzeitfolgen
In Deutschland gelten immer mehr Corona-Patienten als genesen. Das heißt aber nicht, dass alle auch gesund sind. Viele kämpfen mit den Nachwirkungen von Covid-19. Anna Müller aus Hannover bekam im März Fieber. Dazu hatte sie ständig Kopfschmerzen. Ein paar Wochen später die Gewissheit: Die 54-Jährige wurde positiv auf Covid-19 getestet. Anna Müller ist nicht ihr richtiger Name, aber sie möchte mit ihrer Krankheit nicht in der Öffentlichkeit stehen. Wo und wie sie sich mit dem Virus angesteckt hat, weiß Müller nicht. Vielleicht im Supermarkt, vermutet sie. Auch nach der Quarantäne-Zeit wurden die Beschwerden nicht besser.
Kopfschmerzen und Fieber tauchen auf
Ein Arzt veranlasste einen zweiten Test, der negativ ausfiel. Mit den Symptomen kämpft Müller aber bis heute. "Ab und an waren die Kopfschmerzen mal weg, dann waren sie wieder da. Aber das leichte Fieber und dieses Krankheitsgefühl, das ist bis heute da", sagt sie.
Müller fühlt sich erschöpft, ihre Ärzte sind ratlos. Damit ist sie nicht allein: In sozialen Netzwerken tauschen sich Hunderte Betroffene über ihre Beschwerden aus. Warum manche Patienten nicht gesund werden, obwohl sie als genesen gelten, darüber gibt es in der Wissenschaft noch keine gesicherten Erkenntnisse. Sicher ist nur, dass Covid-19 keine reine Lungenkrankheit ist.
Neue Herausforderungen in der Nachsorge
Das Coronavirus kann fast jedes Organ angreifen und dort zu Entzündungen führen. Das stelle auch die Nachsorge vor neue Herausforderungen, sagt Melanie Hümmelgen vom RehaCentrum Hamburg im NDR Fernsehen. "Wir versuchen diese Patienten jetzt in einer Gruppe zusammen zu betreuen, damit sie sich auch austauschen können. Natürlich die klassische pneumologische Rehabilitation mit viel Atem-Training, das aber eingebettet in ein interdisziplinäres Team - zusammen mit Kardiologen, Neurologen und auch Sozialarbeitern, die mal schauen, wo geht’s denn für mich hin und wie komme ich in mein altes Leben zurück?"
Virus kann Langzeitschäden verursachen

Das Virus kann im gesamten Körper Langzeitschäden verursachen. Im Fall von Anna Müller sind es Fieber und Kopfschmerzen. Andere Patienten klagen über ständige Atemnot. Ein Forscher-Team des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) will jetzt mehr über die Langzeitfolgen herausfinden. Die Studie solle dabei helfen, Covid-19 besser zu verstehen, sagt Stefan Schreiber, UKSH-Direktor in Kiel.
Zu diesem Zweck wollen er und sein Team alle positiv getesteten Menschen in Schleswig-Holstein über einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg untersuchen. "Solche Langzeitschäden sind ja von ungeheurer Wichtigkeit. Für die Betroffenen sowieso, aber auch für das Gesundheitssystem. Wenn wir jetzt bestimmte Erkrankungen häufiger sehen als andere, dann müssen wir das jetzt wissen. Wir müssen natürlich auch die Diagnostik und Versorgung dimensionieren können", erläutert Schreiber.
Auch junge Leute betroffen
Fälle, wie der von Anna Müller, seien ihm schon häufiger begegnet, sagt Schreiber. Insgesamt seien das eher Einzelfälle. Er trifft aber regelmäßig auch junge Leute, die unter den Folgen der Krankheit leiden. Schreiber berichtet von einem Patienten um die 30, der Wochen, nachdem die Infektion vorbei ist, immer noch Probleme hat, ein einziges Stockwerk hochzusteigen. Dieser sei dann völlig ausgepowert und frage sich: Wie kann ich wieder normal werden?
Sehnsucht nach Normalität
Nach Normalität sehnt sich auch Anna Müller. Mittlerweile hat auch sie sich mit anderen Betroffenen ausgetauscht. Es habe ihr gut getan, "zu wissen, dass es anderen Menschen auch so geht, dass man da auch so eine Art Rückhalt hat". In dieser Woche stehen bei Müller wieder Untersuchungen an. Bis ihre Ärzte wissen, wie sie ihr helfen können, muss sie sich mit dem Fieber arrangieren. Mittlerweile sind es schon mehr als 100 Tage.
