Harburg: Boomender Bezirk im Süden
Wenn die Harburger sagen: "Ich gehe in die City zum Einkaufen“, dann wollen sie nicht in die Mönckebergstraße oder zum Jungfernstieg. Mit der Innenstadt meinen die Menschen südlich der Elbe ihre Lüneburger Straße und den Harburger Rathausmarkt. Rund 165.000 Menschen leben im Bezirk, knapp mehr als zum Beispiel in Osnabrück - und oft fühlt man sich hier wie in einer eigenen Stadt.
Erst sehr spät ist das ehemals preußische Harburg zu Hamburg gekommen. Aus der Stadt mit einem eigenen Hafen - der sich jahrzehntelang vergeblich bemühte, sich gegen die Konkurrenz des Hamburger Hafens durchzusetzen - wurde ein Industrie- und Arbeiterstandort. Nur die feinen Villen im bewaldeten Süden der Harburger Berge zeugen noch von dem früheren Charakter Harburgs, genauso wie die ausgeprägte Tradition der Harburger Schützengilde.
Aus "Schmuddelkind" wird glänzende Schönheit
Der Kern des Bezirks Harburg unterliegt seit Jahren einem starken Strukturwandel von einem Industriestandort hin zu einem urbanen Quartier. Dabei spielt die Entwicklung des Harburger Binnenhafens eine zentrale Rolle. Neben der Harburger Innenstadt, die aus Sicht vieler Harburger viele Probleme hat, strahlt der Harburger Binnenhafen wie ein heller Stern. Seitdem der Bezirk - und nicht mehr die Hafenbehörde - die Geschicke des Hafens leitet, boomt es an allen Ecken. Alleine der Verein "Channel Hamburg", der mehr als 180 Firmen im Binnenhafen vertritt, zählt mehr als 6.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze, darunter auch Experten und Zulieferer für Airbus in Finkenwerder.
Neben dem wachsenden Binnenhafen an der Süderelbe fällt das Harburger Kerngebiet ab und verliert zunehmend an Attraktivität. Fast alle traditionellen Einzelhandelsketten und Läden sind von der zentralen Einkaufsstraße Lüneburger Straße in das Phoenix Center am Harburger Bahnhof gezogen. Die Politik und Stadtplanung versucht dem entgegenzuwirken - unter anderem wird der zentrale Wochenmarkt Am Sand derzeit neu gebaut.
Verkehr in Harburg problematisch
Ein Problem für die Stadtplaner ist die zentrale Verkehrsachse der Bundestraße 73 mit ihren Güterzug- und Bahngleisen. Diese Trasse schneidet dir Harburger City vom Binnenhafen ab: Das unattraktive Zentrum und der hippe Binnenhafen sind nur über Fußgängertunnel und Straßenbrücken miteinander verbunden.
Darüber hinaus sorgen die wenigen, dafür aber viel befahreren Straßen für Probleme. Harburg liegt zwischen den Autobahnen 7 und 1. Ein Teil des Lkw-Verkehrs aus dem Hafen läuft über Moorburg und die Autobahnen durch Harburg. Es gibt nur wenige Verbindungsstraßen und die sind dann oft überlastet. Auch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist verbesserungswürdig. Politiker fordern neben der S-Bahnlinie 3 eine weitere S-Bahnlinie, die Verlängerung der U4 und sogar einen neuen S-Bahntunnel neben dem A7-Elbtunnel.
Wohnungsbau: Soziale Infrastruktur fehlt
Neben zahlreichen neuen Gewerbegebieten spielt die Ausweisung von neuen Wohngebieten eine große Rolle im Bezirk Harburg. Auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger Kaserne und gegenüber im Stadtteil Neugraben entstehen derzeit zwei große Wohnviertel mit Einzel- und Mehrgeschosswohnungen. Allerdings wächst die soziale Infrastruktur nicht mit: So gibt es etwa viel zu wenig Kita-Plätze für die neuen Einwohner.
Im Harburger Kern rund um den Bahnhof und die Phoenixwerke sind - bis auf das Phoenix Center - bei vielen alteingesessenen Harburgern nicht sonderlich beliebt. Hier leben viele Menschen verschiedener Nationen, der Migrationsanteil liegt bei mehr als 50 Prozent. Es gibt viele türkische Läden, Restaurants, Kulturvereine und Moscheen. Die Gegend rund um den Bahnhof wird häufig "Klein Istanbul" genannt.
Tod von Bezirksamtsleiter Völsch
Der Tod des populären Bezirksamtsleiters Thomas Völsch (SPD) im November 2017 hat die Harburger Politik in der Bezirksversammlung durcheinander gebracht. Völsch war Nachfolger von Torsten Meinberg (CDU) und führte eine Große Koalition aus SPD und CDU. Mit dem Tod von Völsch brachen die Gegensätze zwischen dem SPD-Kreisschef Frank Richter und dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Ralf-Dieter Fischer auf.
Nach einer fast siebenmonatigen Trauerzeit schlug die SPD die parteilose Verwaltungsexpertin Sophie Fredenhagen als neue Bezirksamtsleiterin vor. Als die CDU den Vorschlag ablehnte, verkündete Richter im August 2018 das Ende der Großen Koalition in Harburg. Fredenhagen wurde dennoch am 10. September 2018 zur Bezirksamtsleiterin ernannt.
Bezirkswahl 2014: SPD liegt vorne
Die Bezirksversammlung in Harburg hat insgesamt 51 Sitze. Im Mai 2014 bekam die SPD mit 38,6 Prozent der Stimmen 19 Sitze, die CDU mit 26,6 Prozent 14. Grüne (13,5 Prozent) und Linke (8,9 Prozent) erhielten jeweils fünf Sitze und die FDP (4,4 Prozent) und die AfD (6 Prozent) jeweils drei.
