Hamburg: Beobachter kritisiert jede dritte Abschiebung
Wird bei Abschiebungen am Hamburger Flughafen unnötige Härte angewendet? Das legt jedenfalls der Jahresbericht des Abschiebebeobachters der Diakonie nahe. Er wurde am Donnerstag im Innenausschuss vorgestellt.
Abschiebebeobachter Moritz Reinbach dokumentierte unter anderem diese Szene: Eine schwangere Iranerin sollte mit ihren sieben und vier Jahre alten Kindern abgeschoben werden. Ihr Mann und ihr 14 Jahre alter Sohn waren nicht dabei. Im Flughafen brach die Frau zusammen, der Notarzt bat das siebenjährige Kind, der Mutter zuzureden.
122 Abschiebungen beobachtet
Reinbach hat zwischen Januar 2021 und Januar 2022 insgesamt 122 Abschiebungen beobachtet und jede dritte kritisiert. Kinder hätten übersetzen müssen, weil Dolmetschende fehlten. Schwer erkrankte Menschen seien abgeschoben worden, ohne dass deren Versorgung sichergestellt gewesen sei. Teilweise hätten sich Vollzugsbeamte nicht korrekt verhalten.
"Ich denke, dass meine reine Präsenz schon zu einem besseren Umgang mit den Menschen beiträgt", sagt Reinbach. Es sei extrem wichtig für die Betroffenenen, in solchen Extremsitutation "auch noch mal mit einem Menschen zu sprechen, der nicht von der Behörde oder der Polizei ist."
Reinbach: Abholaktionen sollten auch beobachtet werden

Reinbach ist allerdings nicht dabei, wenn die Menschen abgeholt und ins Flugzeug gebracht werden. Auch diese Situationen sollten beobachtet werden können, fordert er. Kritisch bewertete Abschiebungen werden regelmäßig mit Vertretern und Vertreterinnen der zuständigen Behörden, der Kirche und anderen Organisationen besprochen. Die Abschiebebeobachtung des Diakonischen Werks wird von der Innenbehörde finanziert.
Alle Mitgliedstaaten der EU haben sich verpflichtet, ein "wirksames System zur Überwachung von Rückführungen" zu schaffen. Bislang werden Abschiebungen in Deutschland an fünf Flughäfen beobachtet: Neben Hamburg auch in Düsseldorf, Frankfurt am Main, Berlin und Halle/Leipzig. Ziel der Abschiebebeobachtung ist es, Probleme, Versäumnisse und Fehler bei Abschiebemaßnahmen zu erkennen, mit den beteiligten Behörden zu diskutieren und mögliche Verbesserungen anzuregen.
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