Mehrere Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter laufen bei einem Warnstreik durch die Hamburger Innenstadt. © NDR

Hafenarbeiter im Norden beenden Warnstreik

Stand: 16.07.2022 08:52 Uhr

Nach 48-stündigem Stillstand im Hamburger Hafen und weiteren deutschen Häfen haben mehrere Tausend Hafenarbeiterinnen und -arbeiter am Sonnabendmorgen ihren jüngsten Warnstreik beendet. Die Gewerkschaft ver.di hatte zu dem Ausstand aufgerufen, um nach sieben ergebnislosen Runden den Druck auf die Arbeitgeber nochmals zu erhöhen.

"Der Warnstreik wurde heute wie geplant beendet und die Arbeit geht wieder los", sagte ein ver.di-Sprecher am Morgen. Beim Protestzug in der Hansestadt am Freitag gab es zehn Verletzte, nachdem ein Teilnehmer der Kundgebung einen Böller gezündet hatte. Am Rande der Abschlusskundgebung am Besenbinderhof in der Nähe des Hauptbahnhofs hielten Polizisten den Mann fest, der den Böller geworfen hatte, wodurch die Situation eskalierte. Mehrere Hafenarbeiter bedrängten die Beamten. Nach Angaben der Polizei flogen Flaschen aus der Menge der Demonstrantinnen und Demonstranten. Die Beamten setzten Pfefferspray ein. Fünf Polizisten und fünf Demonstranten wurden verletzt. Insgesamt sei die Demonstration aber recht friedlich verlaufen. Laut ver.di nahmen etwa 5.000 Menschen an dem Protestzug vom Hauptbahnhof über den Ballindamm zum Jungfernstieg und dann zum Besenbinderhof teil.

Heftigster Streik seit mehr als 40 Jahren

Die Hafenarbeiterinnen und -arbeiter legten mit Beginn der Frühschicht am Donnerstag die Arbeit nieder. Ihr Protest stand unter dem Motto "Inflationsmonster stoppen!" Mit einem ersten Warnstreik in einer Spätschicht sowie einem 24-stündigen Warnstreik im Juni summiert sich der streikbedingte Arbeitsausfall auf rund 80 Stunden. Damit ist es der längste Arbeitskampf in den Häfen seit mehr als 40 Jahren.

Kein Stopp der Streiks vor Gericht

Am Donnerstag hatte die Arbeitgeberseite an mehreren norddeutschen Arbeitsgerichten versucht, die Warnstreiks mithilfe von Einstweiligen Verfügungen zu stoppen. Das gelang nicht. Bei der Verhandlung vor dem Hamburger Arbeitsgericht zeigte sich aber, dass das Gericht Zweifel daran hat, ob beim Streikbeschluss der Arbeitnehmer alle Formalien eingehalten wurden. Das Ergebnis: ein Vergleich. Nach diesem Streik sind weitere Arbeitskämpfe bis zum 26. August ausgeschlossen. In Bremen, Oldenburg und Wilhelmshaven wurde der Streik von den zuständigen Gerichten in den ersten Instanzen bestätigt.

Westhagemann fordert Schlichtungsverfahren

Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) forderte die Gewerkschaft und die Arbeitgeber unterdessen auf, sich auf ein Schlichtungsverfahren zu einigen, was ver.di bislang ablehnt. Die Streiks nannte Westhagemann schädigend, so etwas würde die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Hamburg schwächen.

12.000 Beschäftigte in Seehäfen

Rund 12.000 Menschen arbeiten in den deutschen Seehäfen - von Hamburg bis nach Bremerhaven und Brake. Auch hier wurden Schiffe seit Donnerstagmorgen nicht mehr abgefertigt. Betroffen waren nicht nur die großen Containerterminals, sondern auch Stauereien und der Stückgut-Umschlag.

Arbeitgeber bieten 12,5 Prozent mehr Lohn

Hintergrund für den Streik sind die aktuellen Tarifauseinandersetzungen. Die Arbeitgeber hatten ihr Angebot zuletzt noch einmal nachgebessert. Sie bieten bis zu 12,5 Prozent, verteilt auf zwei Jahre. Ver.di fordert mindestens einen Inflationsausgleich, und das für alle Beschäftigten. Die Arbeitgeber hatten bereits vor der Streikankündigung vor einer weiteren Eskalation gewarnt. Verhandlungsführerin Ulrike Riedel sagte NDR 90,3, mit jedem weiteren Streik würden sich mehr Schiffe vor den Häfen stauen. "Die Lieferketten sind extrem angespannt", sagte Riedel. Christian Baranowski, Betriebsratsvorsitzender bei der HHLA, erklärte: "Dass es so weit gekommen ist, liegt daran, dass der Arbeitgeber nicht mehr bereit ist, sozial mit uns zusammenzuarbeiten." Die Hafenarbeitenden hätten in den letzten zwei Jahren alles gegeben. "Wir wollen jetzt unseren Anteil haben", so Baranowski.

Häfen weitgehend lahmgelegt

Vor knapp drei Wochen hatten Hafenarbeiter mit Beginn der Frühschicht mit einem 24-stündigen Warnstreik die Abfertigung von Container- und Frachtschiffen in Deutschlands großen Nordseehäfen weitgehend lahmgelegt. Betroffen waren die Häfen Hamburg, Emden, Bremen, Bremerhaven, Brake und Wilhelmshaven. Zuvor gab es bei den Hafenarbeitern viele Jahre lang keine Arbeitsniederlegungen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 15.07.2022 | 19:00 Uhr

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