Corona: Personal ist das "Nadelöhr" in Kliniken
Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) werden derzeit zehn Corona-Infizierte intensivmedizinisch versorgt. 22 weitere Covid-19-Erkrankte würden auf einer spezialisierten Normalstation behandelt, sagte der Leiter der UKE-Intensivmedizin, Stefan Kluge, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Materialmangel drohe nicht, Personal sei das "Nadelöhr" in deutschen Kliniken. Zusammen mit Johannes Knobloch, dem Leiter der Krankenhaushygiene, informierte er über die Maßnahmen des UKE in der Corona-Krise.
"Riesige Welle kommt"
Die Zahl der Corona-Patienten auf den Intensivstationen sei in den vergangenen Tagen langsam angestiegen. Das UKE sei auch bei stärker steigenden Zahlen gut aufgestellt. "Aber trotzdem kommt eine riesige Welle auf uns zu, die uns wahrscheinlich erst im April voll treffen wird", sagte Kluge.
Bislang geringe Sterblichkeitsrate
Drei bis fünf Prozent der Patientinnen und Patienten im UKE benötigen laut Klinikleitung eine intensivmedizinische Behandlung. Durchschnittlich am zehnten Tag nach der Infektion seien diese schwer erkrankten Menschen auf eine stationäre Versorgung im Krankenhaus angewiesen. In Deutschland liege die Sterblichkeitsrate aktuell mit unter einem Prozent bei einem sehr guten Wert, so der Leiter der Intensivmedizin. Die beiden Experten rechnen damit, dass die Sterblichkeitsrate auch in Deutschland in den nächsten Wochen steigen wird. "Aber wir gehen davon aus, dass wir nicht solchen Raten haben werden wie in China oder Italien", so der Leiter der Krankenhaushygiene.
Gesundheitssystem könnte an Grenzen stoßen
In Deutschland liegt die Zahl der Infizierten bei mehr als 30.000 Menschen. In Hamburg waren es am Mittwochmittag 1.450 Infektionen - im Vergleich zum Vortag sind laut Gesundheitsbehörde 213 Erkrankungen dazu gekommen. "Das sind wichtige Kennzahlen für uns", erklärte Kluge und Knobloch betonte: "Wenn die Steigerungsquoten weitergehen wie bisher, werden wir mit unserem Gesundheitssystem an Grenzen stoßen."
Eher Personal- statt Materialmangel
Alle nicht lebenswichtigen Operationen am UKE seien bereits verschoben worden, weil das Personal an anderer Stelle gebraucht wird. "Das Personal ist in Deutschland das Nadelöhr, auch wenn wir gut ausgestattet sind", so Kluge. Schon vor der Corona-Pandemie seien etwa 20 Prozent der Intensivbetten nicht verfügbar gewesen, weil Pflegerinnen und Pfleger fehlen. Ein Materialmangel drohe bislang nicht am UKE.
Experten gegen Massentests
Massentests erachten Kluge und Knobloch zum jetzigen Zeitpunkt in Hamburg als wenig sinnvoll. "Wir können die Bevölkerung nicht täglich durchtesten, dafür ist auch nicht genug Testmaterial da", sagte Kluge. Der Leiter der UKE-Intensivmedizin gab auch zu bedenken, dass in Hamburg keine brenzlige Situation wie in Italien vorliege: "Wir sind in der Situation, dass es wenig Fälle gibt, die wir nicht kennen."
Ein Antikörpertest mache aus Sicht der Hamburger Mediziner vor allem zu einem späteren Zeitpunkt Sinn. So ließen sich im Nachhinein wichtige Erkenntnisse gewinnen, wie viele Menschen tatsächlich am Coronavirus erkrankt waren.
