Bullenhuser Damm: Gedenken an getötete Kinder
Kurz vor Kriegsende ermordete die SS in der ehemaligen Schule am Bullenhuser Damm in Hamburg-Rothenburgsort 20 jüdische Kinder. Die Namen und Schicksale der Jungen und Mädchen werden auch 77 Jahre nach dem Verbrechen in Erinnerung gehalten.
Erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie hat am Mittwoch in Hamburg wieder eine Gedenkfeier für die ermordeten Kinder unter Teilnahme von Angehörigen stattgefunden. Unter ihnen waren Besucherinnen und Besucher aus Israel, den USA, Frankreich, Belgien und Deutschland, wie die Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm mitteilte.
20 jüdische Jungen und Mädchen waren in der Nacht zum 21. April 1945 von SS-Männern im Keller eines ehemaligen Schulgebäudes ermordet worden. Das Gebäude diente damals als Außenstelle des Konzentrationslagers Neuengamme. Der SS-Arzt Kurt Heißmeyer hatte die Kinder für medizinische Experimente missbraucht. Kurz vor der Einnahme Hamburgs durch die Briten wollten die Nazis die Spuren ihrer Verbrechen verwischen.
Auch Mediziner und Häftlinge umgebracht
In der Nacht zum 21. April 1945 brachten sie die Jungen und Mädchen aus Polen, Italien, Frankreich, den Niederlanden und der Slowakei in das Schulgebäude und ermordeten sie im Keller. Neben den fünf bis zwölf Jahre alten Kindern töteten die SS-Männer zwei inhaftierte französische Mediziner, zwei niederländische Krankenpfleger und mindestens 20 sowjetische Häftlinge. Ein Mahnmal zur Erinnerung an die sowjetischen Gefangenen war am Mittwoch mit einer ukrainischen Flagge umhüllt.
Steinmeier: Morde am Bullenhuser Damm besonders abscheulich

"Unter den zahllosen Verbrechen, die Deutsche während der nationalsozialistischen Herrschaft begangen haben, sind die Morde im Keller der Schule am Bullenhuser Damm eine besonders abscheuliche, erschütternde und unfassbare Tat", erklärte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einer Grußbotschaft zu der Veranstaltung. Die Trauer um die Toten vereine und verpflichte die Deutschen. Viel zu lange sei diese Schuld verschwiegen und verdrängt worden.
Der Vorstand Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte, Prof. Detlef Garbe, erklärte: "Ich empfinde die heutige Anwesenheit von fast 20 Angehörigen der hier ermordeten Kinder, die aus Israel, den USA, Frankreich und Belgien angereist sind oder als in dieser Stadt lebende Familie einen zwar nicht so weiten, aber gleichwohl schweren Weg angetreten haben, als ein großes Geschenk – und ich bin mir sicher, dass viele oder alle hier ähnlich fühlen werden."
Das Gebäude diente damals in dem zerbombten Stadtteil Rothenburgsort als Außenstelle des KZ Neuengamme. Nach dem Krieg wurden sechs der Täter von einem britischen Militärgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet. Der SS-Arzt wurde 1966 in der DDR zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein weiterer SS-Mann musste nie für das Verbrechen büßen, saß allerdings wegen anderer Morde im KZ Buchenwald viele Jahre im Gefängnis.
