"Mehr Frauen* ans Pult": Workshop für künftige Musical-Dirigentinnen
Frauen am Dirigentinnenpult sind immer noch die Ausnahme. Höchste Zeit, das zu ändern, fanden die Musicalmacher bei Stage Entertainment. Fünf Frauen haben an einem mehrteiligen Workshop teilgenommen.
Eine gute Portion Nervosität ist ganz sicher dabei. Esther Hilsberg-Schaarman aber lässt sich nichts anmerken. Den Taktstock in der Hand steht sie im Hamburger Operettenhaus vor der neunköpfigen Band. Musik aus dem Musical Sister Act erklingt. Als klassische Sängerin und auch als Komponistin hat sie schon viel Erfahrung. Ein Musical zu dirigieren ist noch eher neu für sie. Aber eine Aufgabe, der sie sich gern stellen möchte: "Ich übernehme gern Verantwortung und ich möchte gern gestalten."
"Mehr Frauen ans Pult" steht in großen Buchstaben über der Bühne. Simone Linhof von Stage Entertainment ist die Initiatorin des Projektes. In vielen Bereichen im Unternehmen, sagt sie, sind Männer und Frauen vertreten. In einem Bereich bisher nicht: "Musikalische Leitung war ein Fachgebiet wo wir eigentlich ... nicht nur eigentlich: Wir haben keine Frau." Auch weil sich fast nie Frauen bewerben.
Eine Musical-Dirigentin muss sicher in vielen Stilrichtungen sein
Musical-Dirigent und Komponist Shay Cohen hat die Workshop Reihe geleitet. Beim Abschluss im Operettenhaus lässt er die Dirigentinnen machen. Gibt ab und zu noch Tipps, wie "Nicht zu viele aber dafür präzise Bewegungen", oder "Zwischendurch Blickkontakt zur Sängerin aufnehmen."
Ein Musical-Dirigent oder eine Dirigentin muss in vielen unterschiedlichen Stilrichtungen zuhause sein. Eine besondere Herausforderung: wenn, wie bei Mamma Mia, nicht stehend am Pult, sondern sitzend am Keyboard dirigiert wird: "Es ist im Prinzip das Mitdirigieren mit dem Kopf und dass man eben sagt: Hier an den Stellen bin ich jetzt nötig und an den anderen Stellen spiele ich mit als Gruppe, habe es aber trotzdem in der Hand."
Workshop vermittelt Tipps und Selbstbewusstsein
Workshop Teilnehmerin Sarah Taylor Ellis kommt ursprünglich aus den USA. Es ist, sagt sie, nicht so, dass Frauen nicht als Dirigentinnen arbeiten: "Viele Frauen dirigieren in Schulen, in Kirchen, an anderen Orten. Aber sie haben nicht immer professionelle Möglichkeiten auf einer großen Bühne und ich hoffe, das ändert sich." Hui Fang Lee spielt seit vielen Jahren Oboe und Keyboard in Musical Orchestern. Jetzt als Dirigentin vorn zu stehen ist für sie ein spannender Perspektivwechsel: "Früher war ich nur ein Teil davon, aber jetzt muss ich mich um alles kümmern. Als Orchestermusiker denkt man manchmal: Warum kann der Dirigent nicht ordentlich mal was zeigen. Aber wenn ich selber an dieser Stelle bin … Wow, das ist echt viel."
Dirigent und Komponist Shay Cohen möchte den Nachwuchs Dirigentinnen neben vielen Praxistipps vor allem eines mit auf den Weg geben: Selbstbewusstsein. "Dass sie nach dem Workshop sehen, eigentlich kann ich das und ich möchte mich in Zukunft bewerben auf so eine Position." Bei Stage Entertainment würden sie sich über Bewerbungen auch von Dirigentinnen freuen, sagt Simone Linhof. Wie wichtig es ist, Frauen zu ermutigen und zu fördern, weiß sie aus eigener Erfahrung: "Wir sind immer eher zurückhaltend. Wir brauchen jemand, der sagt: Komm. Mach das, du kannst das. Ermunterung und Selbstbewusstsein. Darum geht es, das auch zu fördern."
