Aldous Harding: "Ich bin eine Art Jim Carrey des Indie-Pop"
Sie ist in aller Munde: Aldous Harding, die 32-jährige Neuseeländerin mit erfrischend unkonventionellen Songs. Ihre neuen zwischen Piano- und Folk-Pop sind auf dem vierten Album "Warm Chris" zu hören.
Aldous Harding hat ein gestörtes Verhältnis zu den Medien und gibt kaum Interviews. Zu ihrem neuen Album "Warm Chris" waren es insgesamt vier Stück - weltweit! Einfach deshalb, so hat sie NDR Info Autor Marcel Anders im Gespräch verraten, weil sie ihre Kunst nicht näher analysieren möchte.
"Das würde zu viel zerstören. Etwas geheimnisvoll zu halten, hat nichts mit Egoismus zu tun. Es ist eher so, dass ich den Leuten Raum lassen will, um mit der Musik zu wachsen und sich selbst etwas zurechtzulegen. Es geht nicht so sehr um das, was ich gedacht habe - oder denke."
Aldous Harding gibt im Interview wenig von sich preis
Die Frau aus der Nähe von Christchurch lässt sich ungern in die Karten schauen, will nicht zu viel von sich preisgeben und überlegt oft minutenlang, wie sie ihre Antworten formuliert: Sie setzt an, hält inne, fängt neu an, bricht wieder ab und beginnt von vorne. Eine verbale Tortur, die im Gegensatz zu ihren Songs steht.
Viertes Album "Warm Chris": Überdrehter Sound zwischen Piano- und Folk-Pop
Ihr viertes Album "Warm Chris" pendelt zwischen Piano- und Folk-Pop, ist oft überdreht und überrascht mit originellen Arrangements. Den gefühlvollen Akustik-Folk des Titelstücks zersägt sie mit ruppigen Gitarrenriffs in der Manier von The Who.
Ausdruck des musikalischen Humors: Enten-Gequake und Melancholie
Den melancholischen Leisetreter "Staring At The Henry" versieht sie mit Enten-Gequake - um die Stimmung aufzulockern. Ausdruck eines gesunden Humors, den sie im Gespräch leider nicht hat, aber der in ihren Songs durchschimmert: "Ich fühle mich gebauchpinselt, zu sagen: 'Das bin ich.' Ich hatte einfach das Gefühl, dass es in dem Moment notwendig war. Dieses ganze Klebrige, Süße war mir zu heftig. Ich brauchte etwas, um es aufzulockern. Besser erklären, kann ich es nicht. Und es interessiert mich auch nicht, was da passiert ist. Wichtig ist nur, dass es das ist."
Was für die Musik gilt, setzt sich in den Texten fort: Die Dame, die eigentlich Hannah Topp heißt, serviert vorzugsweise schräge Beziehungskonstellationen. In "Lawn" ist sie ein Reptil in einem Vorgarten, in "Leathery Whip" vergleicht sie das Leben mit einer Lederpeitsche und in "Ennui" offenbart sie ihren persönlichen Fetisch: "Leck meinen Spann - ich vermisse das Kribbeln."
Das ist ihr sichtlich peinlich. "Ein schlimmer Song - in dem Sinne, dass er beim Hören aufstößt und es mir nicht leichtfällt, darüber zu reden. 'Leck meinen Spann' ist ein sehr intimes Bekenntnis. Da kann man sich nicht rausreden."
Aldous Harding: Wolf im Schafspelz mit einem Fetisch
Diese unterschwellige Verwegenheit macht Aldous Harding zum Wolf im Schafspelz - eine Frau, die nicht auf eine Klangwelt reduziert werden will. Die zwar gerne Kritikerliebling, aber nicht die neue Joanna Newson oder Amanda Palmer ist. Sie sei halt, so betont sie, einfach sie selbst - mit all ihren Ecken und Kanten. "Ich bin eine Art Jim Carrey des Indie-Pop. Nicht, dass ich viel über Jim wüsste, aber ich kann nachvollziehen, woher der Vergleich rührt - und ich habe kein Problem damit."
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