Hélène Grimaud und ihr Mann mit einem Wolf im Jahr 1999 © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | STEPHEN CHERNIN

Hélène Grimaud: Wolfsgeheul ist wie Musik in ihren Ohren

Stand: 13.09.2023 15:10 Uhr

Kaum ein Tier kommt so häufig in Märchen und Geschichten vor wie der Wolf. Die Pianistin Hélène Grimaud hat sich sehr für Wölfe eingesetzt und sogar eine Zeit lang mit ihnen zusammengelebt.

von Tim Helssen

"Für mich ist das Geheul von Wölfen eines der schönsten Geräusche der Natur. Es hat ganz verschiedene Funktionen. So kommunizieren Wölfe miteinander und es regt natürlich die menschliche Fantasie an. Was ich besonders schön finde: dass das Geheule auch ein Zeichen für ihren Zusammenhalt ist", sagt Hélène Grimaud. Ihre große Liebe für Wölfe kann die Pianistin einfach nicht verbergen. Dabei war das nicht immer so. Obwohl sie schon immer etwas für Tiere übrig hatte, musste der Wolf ihr Herz erst erobern.

Hélène Grimaud und das Wolf Conservation Center

1991 lernte Grimaud die Wölfin Alawa kennen. Ein Bekannter hält sie als wildes Haustier. Diese Begegnung hat ihr Leben verändert. Davon erzählt sie auch in ihrer Autobiografie "Wolfssonate":

"Sie näherte sich meiner linken Hand und beschnupperte sie. Ich streckte nur die Finger aus und von ganz allein schmiegte sie ihren Kopf und dann ihr Schulterblatt an meine Handfläche. In diesem Augenblick spürte ich einen stechenden Funken, eine Entladung im ganzen Körper, einen einzigartigen Kontakt, der meinen ganzen Arm und meine Brust bestrahlte und mich mit einem sanften Gefühl erfüllte." Leseprobe

Nach diesem Erlebnis scheint ein Leben ohne Wölfe für Hélène Grimaud nicht mehr denkbar zu sein. Sie adoptiert selbst zwei Wolfswelpen und kauft zum Ende der 1990er-Jahre mit Ihrem Lebenspartner zweieinhalb Hektar Land im US-Bundesstaat New York, um dort ein Wolfsreservat einzurichten. Klares Ziel des Wolf Conservation Center ist das Überleben der Wölfe, wobei der Fokus auf dem Grau- und Rotwolf liegt, die in Nordamerika völlig ausgestorben sind.

Spaltung der Gesellschaft: Wölfe in freier Wildbahn

Das Thema Wölfe in freier Wildbahn polarisiert. In öffentlichen Debatten erlebt Hélène Grimaud, dass kein richtiger Diskurs mehr stattfindet, sondern nur noch Spaltung. In einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt" vom Mai nimmt sie dazu eine klare Haltung ein: "Wölfe halten ein Ökosystem im Gleichgewicht und tragen zur Biodiversität bei. Ich finde es grundsätzlich nicht in Ordnung, wenn einzelne Berufs- und Gesellschaftsgruppen diskutieren, welche Spezies in der Natur erlaubt ist und welche nicht."

Nicht nur in der Natur, sondern auch in Haus und Hof ist ein naher Verwandter des Wolfes sehr beliebt: der Hund, der beste Freund des Menschen. Doch der beste Freund für Pianistin Hélène Grimaud ist nun mal der Wolf, dessen Geheul wie Musik in ihren Ohren klingt.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 13.09.2023 | 17:00 Uhr

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