Alexandra Sostmann © KulturMusikKonzepte Foto: Anatol Kotte

Alexandra Sostmann spielt Wohltemperiertes Klavier neu ein

Stand: 24.12.2022 06:00 Uhr

Die Pianistin Alexandra Sostmann arbeitet sich gerade durch die 24 Präludien und Fugen des Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach. Für kommenden September plant sie eine CD mit ihrer eigenen Interpretation.

von Kerry Rügemer

Das Präludium in C-Dur kennt fast Jeder. Hier bei der Hamburgerin Alexandra Sostmann hört es sich irgendwie ein bisschen anders an, als gewohnt. So soll es auch sein, sagt die Pianistin. "Also, ich bemühe mich schon, einige Dinge anders zu machen und zwar in Form von neu gedachter Artikulation. Es ist vielleicht auch, eine Hörgewohnheit zu durchbrechen. Es wird vielleicht auch nicht ganz einfach; gerade beim C-Dur Präludium, das man eigentlich nur legato gespielt kennt. Insofern hoffe ich, dass mir da etwas Interessantes gelingt!"

Sostmann spielt auf dem Clavichord - einem der ältesten Tasteninstrumente

Ein Clavichord im Organeum. © NDR Foto: Eva Rössler
Ein Clavichord klingt leiser und feiner als ein Klavier. Dieses stammt aus dem Hause Hass und wurde 1740 gebaut.

Statt nur legato, also gebunden, spielt Alexandra Sostmann das Präludium mit Akzenten auf einem Clavichord. Dieses kleine, sehr leise Instrument zählt zu den ältesten Tasteninstrumenten. Für ihre Recherche hat sich Sostmann extra ein Clavichord geliehen, das nun neben ihrem imposanten Konzertflügel geradezu winzig klein kauert. "Also ich denke, man kommt überhaupt nicht drum herum, auch das Clavichord mit in seine Überlegungen mit einzubeziehen, weil das Clavichord Bachs Lieblingsinstrument war. Ich bin im Nachhinein so froh und dankbar, dass ich das gemacht habe. Also, da muss man wirklich so - weil es so zerbrechlich ist - sich bemühen, ganz ganz fein zu differenzieren. Ansonsten hat man gar keine Chance, dass es gut klingt. Und wenn man zuviel Kraft aufwendet, verstimmt sich der Ton!"

Wohltemperiertes Klavier ist mehr als "nur" eine Klavierkomposition

Seit über einem Jahr beschäftigt sich die Pianistin fast ausschließlich mit Bachs Werk, das viel mehr als "nur" eine Klavierkomposition ist. "Es ist eben die Symbolik, Symbolik in Form von Zahlen, von Strukturen und Bauplänen. Zum Beispiel das Präludium 22 ist nicht durch Zufall die 22, sondern richtet sich nach dem Psalm 22 in der Bibel, Text lautet: 'Oh Gott, warum hast du mich verlassen?'"

Verzweiflung, Verlassenheit, Einsamkeit – und dann, wiederum in Takt 22: Der Schmerzakkord, Höhepunkt dieses Stückes. "Das ist eben Alles kein Zufall. Und wenn man das dann auf dieser Ebene entdeckt, dann ist das wirklich unfassbar!" Alexandra Sostmann ist komplett in die Welt Bachs eingetaucht, versucht, ihn zu verstehen, nachzuempfinden, wie er seine Komposition gespielt hat. Probiert Triller aus, Akzentuierungen und immer wieder: das Clavichord.

Bis zum Aufnahmetermin hat sie noch ein paar Monate Zeit, in der sie immer wieder fasziniert, geradezu demütig dieses große Werk genießt. "In vier Oktaven ein solches Universum zu kreieren - also das ist einfach unvorstellbar!" Nicht umsonst werde das Wohltemperierte Klavier auch das Alte Testament genannt.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | 23.12.2022 | 19:30 Uhr

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