Kurator Markus Bertsch steht vor "Das Eismeer" von Caspar David Friedrich © Screenshot NDR

Caspar David Friedrich in Hamburg: Ein Feuerwerk der Kunst

Stand: 15.12.2023 14:03 Uhr

Hamburg erlebt nach 2007 wieder eine Megaausstellung zu Caspar David Friedrich. Die Kunsthalle ist jetzt für alle Besucherinnen und Besucher geöffnet. Peter Helling hat sich schon einmal umgesehen.

von Peter Helling

"Kunst für eine neue Zeit" heißt die Ausstellung, die jetzt in der Kunsthalle eröffnet worden ist. Alle Meisterwerke von Caspar David Friedrich sind dabei, der "Mönch am Meer", das "Eismeer", die "Kreidefelsen auf Rügen" - insgesamt 70 Meisterwerke, seltene Leihgaben, sind zu sehen. Dazu rund 100 Zeichnungen - und das ist längst nicht alles.

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier steht zur Ausstellungseröffnung neben dem Werk "Wanderer über dem Nebelmeer" von Caspar David Friedrich in der Hamburger Kunsthalle. © dpa Foto: Marcus Brandt

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Kunsthallen-Direktor Alexander Klar erklärt, was mit dem Titel gemeint ist: "Die neue Zeit ist etwas Unfassbares. Wir wissen ja nicht, welche neue Zeit das ist? Die neue Zeit ist das Unausgesprochene: Das könnte unsere sein, es könnte eine andere sein. Ich glaube, es wäre super, wenn wir diese Magie vermitteln und wenn sich das den Besuchern mitteilt."

Der Rücken als neue Perspektive der Kunstgeschichte

Caspar David Friedrichs "Wanderer über dem Nebelmeer" © picture alliance / Heritage-Images
Der "Wanderer über dem Nebelmeer" ist womöglich die berühmteste Rückenfigur der Kunstgeschichte.

Magie der neuen Zeit - da hängen sie auf waldgrünem Hintergrund: Bilder, die längst Teil des kollektiven Bildgedächtnisses geworden sind, zigfach kopiert, zitiert, abgemalt. Eisberge, nebelverhangene Wälder, kristallklare Bergmassive, Sonnenuntergänge, kleine Menschengruppen davor. Meistens sind sie in der Rückenansicht gemalt. Und damit wird der Rücken - zur neuen Perspektive in der Kunstgeschichte.

"Es ist eine Möglichkeit, auch darüber zu reflektieren, wie wir uns als Menschen eigentlich zu unserer Umgebung und zu unserer Natur verhalten", sagt Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda. Die Rücken-Perspektive lehrt uns also den genauen Blick auf unsere neue Zeit - mit der Gefährdung unseres Planeten. Und einen mutigen Blick: "Was man von ihm lernen kann: den genauen, den präzisen, den selbstbewussten, eigenen Blick auf die Dinge", meint Brosda.

Der Betrachter wird aktiver Mitspieler

Caspar David Friedrichs "Der Mönch am Meer" - Das Gemälde von 1808-10, Öl auf Leinwand in der Hamburger Kunsthalle © bpk / Nationalgalerie, SMB / Andreas Kilger Foto: Andreas Kilger
Caspar David Friedrich hat "Der Mönch am Meer" im Jahr 1808-10 mit Ölfarben auf Leinwand gemalt. Die Leihgabe in Hamburg stammt aus den Staatlichen Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie.

Hier in der Ausstellung kann man hautnah erleben: Der Künstler hat nicht einfach Natur abgebildet - schön zum Einfühlen und Wegträumen, da ist etwas anderes in der Luft: er hat den Zwischenraum zwischen Objekt und uns Betrachtern eingefangen. Und macht uns zu aktiven Mitspielern beim Betrachten. Das ist fast schon politisch.

"So banal das ist, so neu war das damals als Motiv, dass man dem Sehen an sich einen so bedeutenden künstlerischen Ort gibt. Das war eines der entscheidenden Markenzeichen von Friedrichs Kunst - auch das lässt sich natürlich wunderbar in unsere heutige Zeit transferieren", sagt Kunsthallen-Kurator Markus Bertsch, der durch die Ausstellung führt.

Es geht durch kleine waldgrün gestrichene Kabinette, hier kommt man den feinen Zeichnungen ganz nah - auf einem Blatt sieht man fast nichts, nur die hauchdünne Linie einer Wolke. "Das sind Meisterwerke, die er damals geschaffen hatte, und er hat die Sachen auch gut verkauft", erklärt der Kurator.

Fast erschreckend kalt und starr: der Watzmann. Fast wie eine überscharfe Fotografie, die ins Surreale kippt. Und diese Bilder machen einsam. Menschen tauchen hier fast nie auf. Die Räume sind fast eine Spur zu klein und zu intim für die Kraft dieser Bilder.

Beeindruckend: Kehinde Wileys Video-Installation

Im zweiten Stock werden die Werke von 21 zeitgenössischen Künstlern und Künstlerinnen gezeigt - Werke, die sich direkt oder indirekt mit Caspar David Friedrich auseinandersetzen. Besonders stark die fast meditative Video-Installation von Kehinde Wiley: Schwarze Personen vor den Kreidefelsen sehen einen direkt an. Hier wird Friedrichs berühmte Rückenansicht umgedreht.

Allerdings enttäuschen die meisten anderen Werke, Objekte, Installationen, eine dreidimensionale Wolke, Aquarien mit nachgebildeten Friedrich-Gemälden. Das ist fast dekorativ, meistens viel zu schwach, um Caspar David Friedrich wirklich gegenüberzutreten.

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Art:
Ausstellung
Datum:
Ende:
Ort:
Hamburger Kunsthalle
Glockengießerwall 5
20095 Hamburg
Öffnungszeiten:
10 - 18 Uhr
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Kulturjournal | 14.12.2023 | 19:00 Uhr

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Malerei

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