Wolfgang Petersen schuf Meilensteine der Filmgeschichte
Der in Emden geborene Regisseur Wolfgang Petersen ("Das Boot") starb am 12. August 2022 im Alter von 81 Jahren in Los Angeles. Für den NDR drehte er sechs Tatorte, für Hollywood Blockbuster wie "Air Force One".
Aus Anlass des Todes von Wolfgang Petersen stellte der Sender Arte sein Programm um. Die knapp einstündige Doku "Das Boot - Welterfolg aus der Tiefe" von Georg Grill und Sven Femerling aus dem Jahr 2021 stand der Arte Mediathek und ist bis Mai 2023 zu sehen. Sie beleuchtet, dass der "erfolgreichste deutsche Film aller Zeiten" von Wolfgang Petersen bei den Dreharbeiten unter keinem guten Stern stand: Vom Streit über das Drehbuch, über Unfälle am Set, bis hin zum Vorwurf der Kriegsverherrlichung in der deutschen Presse - immer wieder stand das Projekt vor dem Aus.
Erste Regieanweisungen im Theater in Hamburg
Wolfgang Petersen kam am 14. März 1941 in Emden zur Welt. 1950 zog er nach Hamburg, absolvierte dort später eine Schauspielausbildung, studierte Theaterwissenschaften in Berlin und Hamburg und wechselte zur Deutschen Film- und Fernsehakademie. Seine ersten Regieanweisungen gibt er am Hamburger Ernst-Deutsch-Theater (damals noch Junges Theater), wo er mit Anfang 20 in Kinderaufführungen Regie führt.
Prochnow über Petersen: "Wunderbarer Regisseur und Freund"
Er zeige sich über den Tod Wolfgang Petersens "zutiefst erschüttert und sehr, sehr traurig", hieß es in einem Statement von Jürgen Prochnow, das dessen Management kurz nach der Bekanntgabe der Todesnachricht veröffentlichte. Der 81 Jahre alte Schauspieler lebt in Berlin. Er würdigte den Regisseur als "eine Führungspersönlichkeit mit einer angeborenen Autorität und mit einer Freundlichkeit und viel Humor", der es verstanden habe, sein Team über Monate zu motivieren und die Dreharbeiten zu einem "besonderen Erlebnis" werden zu lassen: "Danke, Wolfgang, für die vielen Tage und Stunden, die ich mit Dir verbringen durfte."
Bundeskanzler Scholz würdigt Regisseur Wolfgang Petersen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der ehemalige Bürgermeister der Hansestadt Hamburg, erinnerte am via Twitter an den "besonderen Erzähler": In Anspielung an Petersens Verfilmung von Michael Endes Fantasy-Roman "Die unendliche Geschichte" schrieb er: "Die unendliche Geschichte von Wolfgang Petersen ist zu Ende gegangen. 'Das Boot' und viele andere seiner Filme leben weiter - und zwar weit über Deutschland hinaus."
Auch der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow würdigte den Regisseur: Mit den Produktionen "Vier gegen die Bank", "Reifezeugnis" und "Das Boot" - habe Petersen "in der ARD das Genre Fernsehfilm auf Kino-Level gehoben - und damit den Grundstein für seine einzigartige Hollywood-Karriere gelegt", so Buhrow.
Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff (parteilos) sagte über den Ostfriesen, er sei einer der großen Künstler der Filmgeschichte gewesen: "Mit Werken wie 'Das Boot' und 'Troja' hat Petersen unerschütterliche Meilensteine der deutschen und internationalen Filmgeschichte gesetzt", sagte Kruithoff.
Glenn Close: "Mann voller Lebensfreude, der tat, was er am meisten liebte"
Hollywoodstars wie die Schauspielerin Glenn Close würdigten den Regisseur. Sie habe eine "besondere Erinnerung" an die Dreharbeiten mit Petersen für den Film "Air Force One", schrieb Close in einer Mitteilung. Obwohl das Skript packend und unglaublich intensiv gewesen sei, hätten sie sehr viel gelacht. "In meiner Erinnerung war er ein Mann voller Lebensfreude, der das tat, was er am meisten liebte", so Close.
NDR Tatort-Klassiker "Reifezeugnis" von Wolfgang Petersen
In den 70er-Jahren machte sich der Regisseur und Produzent mit feinfühligen Fernsehfilmen einen Namen - wie dem NDR Tatort-Klassiker "Reifezeugnis" mit Nastassja Kinski. Er gehört zu den berühmtesten und meistausgestrahlten Tatorten und wurde, als eine von nur ganz wenigen Folgen, auch in den USA ausgestrahlt.
Insgesamt drehte Petersen sechs Tatort-Folgen, aber auch andere Fernsehfilme. Die schwule Liebesgeschichte "Die Konsequenz" schien dem Bayerischen Rundfunk 1977 so brisant, dass sich der Sender aus der Fernsehausstrahlung ausklinkte.
Internationaler Durchbruch und sechs Oscar-Nominierungen für "Das Boot"
Seinen Durchbruch als Regisseur schaffte er 1981 mit dem Film "Das Boot". Dass der Anti-Kriegsfilm aus dem Jahr 1981 auch international so einschlagen würde, das habe ihn auch überrascht, erzählte er2021 im ARD-Interview: "Ich weiß noch, als wir den Film vorgestellt haben hier, da haben sie geklatscht, als im Vorspann kam, wie viele Deutsche gestorben sind. Wir sind in den Sitzen versunken. Zweieinhalb Stunden später gab es Standing Ovations." Sechs Oscar-Nominierungen gab es für "Das Boot" - das war bis zum Netflix-Film "Im Westen nichts Neues" von Wolfgang Berger Rekord für eine deutsche Produktion.
Der Star-Regisseur produzierte in den 90er-Jahren Filme wie "Outbreak", "Air Force One" und "Der Sturm" und drehte mit Stars wie Clint Eastwood, Glenn Close, Brad Pitt, Dustin Hoffman und George Clooney.
Eigentlich wollte Petersen ein weiteres Projekt in Deutschland drehen, eine Liebesgeschichte um einen KGB-Agenten. Dieses Projekt wurde, zusätzlich bedingt durch die Corona-Pandemie, aber nie fertiggestellt.
In Los Angeles im Kreis der Familie gestorben
Zufrieden mit sich und der Welt - so wirkte Petersen 2022 im ARD-Interview zu seinem 80. Geburtstag: "Ich bin unterm Strich, solange meine Frau und ich gesund sind, sehr zufrieden. Wir haben ein wunderschönes Haus, ein wunderschönes Leben." Seinen Lebens- und Karriereweg beschrieb er als schön, gut und sinnvoll. Er sei dankbar für seine Frau, die fast immer schon an seiner Seite gestanden hätte.
Wolfgang Petersen litt an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Er starb laut einer Assistentin im Kreise seiner Familie in Los Angeles.