Die Klappe zu den Dreharbeiten am Set von Fatih Akins Komödie "Soul Kitchen" © NDR Foto: Patricia Batlle
Die Klappe zu den Dreharbeiten am Set von Fatih Akins Komödie "Soul Kitchen" © NDR Foto: Patricia Batlle
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AUDIO: US-Zölle auf ausländische Filme? Reaktionen aus Norddeutschland (4 Min)

US-Zölle auf ausländische Filme? "Ein Zeichen für Trumps Ignoranz"

Stand: 06.05.2025 13:29 Uhr

Donald Trump plant Zölle in der Höhe von 100 Prozent auf Filme, die im Ausland produziert wurden. Das klingt drastisch - aber was halten Filmförderer und Filmschaffende im Norden von den Plänen?

von Andrea Schwyzer

Was haben amerikanische Zölle auf Filme, die im Ausland gedreht worden sind, mit uns zu tun? Es sei eigentlich simpel, sagt Helge Albers, Geschäftsführer der MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein: "Ein Beispiel ist 'Charlie's Angels' - der wurde teilweise in Hamburg gedreht. Regelmäßig entstehen amerikanische Produktionen auch in Babelsberg, und immer wieder kommen größere Projekte tageweise nach Hamburg. Diese Produktionen bringen Arbeit für Dienstleister, Cast und Crew hier vor Ort. Wenn sie ausbleiben, trifft das ein wichtiges Segment der Filmbranche - und das spürbar."

"Zölle würden unsere Filme für US-Markt deutlich unattraktiver machen"

Helge Albers, Geschäftsführer der Moin Filmförderung auf dem roten Teppich in Cannes © Moin Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein / Julie Edwards, Kurt Krieger Foto: Julie Edwards, Kurt Krieger
Helge Albers von der MOIN Filmförderung warnt: US-Zölle könnten der deutschen Filmbranche schaden.

Auf der anderen Seite sollen Filme, die bei uns gedreht wurden - aktuell zum Beispiel "Amrum" von Fatih Akin, der in einer Woche bei den Filmfestspielen in Cannes Weltpremiere feiert - auch die Chance haben, nach Übersee zu reisen. Amerika sei ein wichtiger Markt, so Albers. "Wenn auf unsere Filme Zölle erhoben würden, würde das den US-Markt für sie deutlich unattraktiver machen", erklärt der MOIN-Chef. Amerikanische Verleiher müssten mehr zahlen - das macht den Einkauf und die Veröffentlichung unserer Produktionen für sie weniger attraktiv."

Mit den angedrohten Zöllen will Donald Trump die eigene Filmindustrie stärken. Wenn es so weitergehe wie bis jetzt, werde die US-Filmbranche sonst nämlich einen, so Trump, "sehr schnellen Tod sterben".

"Erschreckende Ideenlosigkeit" in Hollywood

Ingo Fliess steht bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises mit dem Preis für die "Lola in Gold" für den Film auf der Bühne. © picture alliance/dpa | Hannes P. Albert
Für Produzent Ingo Fliess, hier mit der "Lola in Gold" für "Das Lehrerzimmer", ist klar: Trumps Zoll-Pläne gefährden Vielfalt und Kreativität im internationalen Film.

Doch was definiert den amerikanischen Film? Das fragt sich Ingo Fliess. Er hat unter anderem den Oscar-Kandidaten "Das Lehrerzimmer" von Regisseur İlker Çatak produziert. Fliess weiß: Der amerikanische Film werde schon lange nicht mehr nur in Hollywood gedreht, sondern in Kanada, Europa oder Thailand. Dort, wo nun mal Anreize geschaffen werden. Das sei doch in Ordnung. Was Hollywood tatsächlich "verwüste" - Hollywood sei "devastated", schrieb Trump auf Social Media - sei die erschreckende Ideenlosigkeit. Daran würden auch Zölle nichts ändern, so Fliess: "Zölle werden ganz sicher keine neue Kreativität freisetzen - im Gegenteil. Sie werden eher dazu führen, dass man sich wieder stärker auf das alte Studiosystem konzentriert."

Dass Trump dem Ausland unterstelle, mit seinen Anreizen gezielt die US-Filmbranche unterwandern zu wollen, sei außerdem völliger Quatsch. Im Gegenteil: Die globale Entwicklung bereichere den Film, findet Fliess: "Sie erzeugt Diversität und Vielfalt - und genau das wünscht sich das Publikum weltweit. Es gibt längst nicht mehr das eine Publikum für amerikanische Filme, sondern viele unterschiedliche Zielgruppen, die verschiedene Geschichten sehen wollen. Genau das wird durch solch eine dumme Ankündigung gefährdet - anders kann ich es nicht sagen."

"Hinter Trumps Vorstoß steckt ein antiliberales Weltbild"

Trump geht es also womöglich gar nicht darum, den amerikanischen Film zu retten, sondern darum, Vielfalt und Diversität zu verunmöglichen? Diese Unterstellung sei durchaus berechtigt, so Fliess: "Hinter Trumps Vorstoß steckt letztlich ein autoritäres, antiliberales Weltbild. Manchmal wünschte ich mir, man würde auf solche Provokationen einfach gar nicht reagieren. Aber es gibt einflussreiche Stimmen in Kalifornien, dem Zentrum von Hollywood - und die werden sich kaum gefallen lassen, dass ihr Geschäftsmodell auf diese Weise gefährdet wird."

Und auch Helge Albers von der MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein sieht in der Ankündigung horrender Zölle vor allem eines: Die Ignoranz eines US-Präsidenten, der das Wesen des Films nicht erkannt hat. "Dass Filme reisen und Geschichten über Grenzen hinweg erzählen, weiß niemand besser als die Amerikaner selbst", so Albers. "Hollywood prägt das Bild der USA weltweit wie kaum ein anderes Kulturgut. Das funktioniert nur, wenn Filme auch exportiert und international ausgewertet werden können. Da einen Riegel vorzuschieben, ist schlicht widersinnig."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 06.05.2025 | 06:40 Uhr

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