Ralph Fiennes' Faszination für die Tanzlegende Nurejew
Rudolf Nurejew gilt als einer der spektakulärsten Tänzer des 20. Jahrhunderts. Ralph Fiennes hat 2019 eine Künstlerbiografie über ihn gedreht: "Nurejew - The White Crow". Ein Gespräch über die Dreharbeiten an Original-Schauplätzen im Pariser Louvre und in St. Petersburg.
Nurejew Weltstar, der den männlichen Part auf der Ballett-Bühne revolutioniert und bis heute geprägt hat. Dass Ralph Fiennes mit "Nurejew - The White Crow" eine Künstlerbiografie über den Beginn der Karriere des Tanzgenies ins Kino gebracht hat, hat aber nichts mit dem Ballett zu tun: "Mich hat das Ballett gar nicht interessiert, als ich ein Buch über ihn gelesen habe. Es war der Geist von Nurejew in diesem konkreten Lebensabschnitt, der mich angesprochen hat. Diese künstlerische Selbstfindung als junger Mann. Das hat mich bewegt."
Nurejews künstlerische Selbstfindung
Fiennes, der schon immer eine Leidenschaft für russische Literatur hatte und selbst etwas Russisch spricht, ist fasziniert von der Energie des Teenagers beim Kirow-Ballett in Leningrad, dem heutigen Mariinsky-Ballett in St. Petersburg. Hier trifft Nurejew auf seinen Mentor und Meister Alexander Puschkin - und muss in nur drei Jahren bei ihm das schaffen, was andere Schüler in acht Jahren lernen. Der Druck lastet schwer auf ihm.
"Aus dramaturgischen Gesichtspunkten fasziniert mich seine Explosivität", erzählt Fiennes. "In Nurejew schlummerte so eine Wut. Würde ich ihn mögen, wenn ich ihn getroffen hätte? Wahrscheinlich nicht. Aber ich mag seine Direktheit und dass er sich an keine Etikette hielt. Er konnte wohl unausstehlich sein, aber ihm ging es nur ums Tanzen."
"The White Core": Dreharbeiten an Original-Schauplätzen
Ralph Fiennes drehte "The White Crow" in Belgrad und an Original-Schauplätzen im Pariser Louvre und in St. Petersburg. "Der wahre Coup als Drehort war die Eremitage. Dort darf nie gedreht werden, aber wir unterhielten uns mit deren Direktor, Professor Pjotrowski, der bezaubernd war. Er fragte: 'Was kann ich für Sie tun?' Ich erzählte, wir drehen diesen Film über den jungen Nurejew, der sich in der Eremitage Rembrandts Meisterwerk 'Die Rückkehr des verlorenen Sohns' anschaut." Zu Fiennes' Glück klappte es mit der Dreherlaubnis.
Die Kinobiografie über einen russischen Dissidenten während des Kalten Krieges war nicht leicht zu finanzieren. Fiennes selbst übernahm die Rolle des Ballettmeisters Alexander Puschkin erst in letzter Minute, als der Dreh zu kippen drohte. Wertvolle Tipps für ein authentisches Setting erhielt Fiennes von drei Zeitzeugen Nurejews: Von den französischen Tänzern, die im Thriller-Finale des Filmes am Pariser Flughafen eine elementare Rolle bei Nurejews Flucht vor dem KGB spielten: Pierre Lacotte und Clara Saint. Und vom heutigen Choreografen und Tänzer Mikhail Baryshnikov, der 1974 ebenfalls aus der Sowjetunion in den Westen floh und Ralph Fiennes beraten hat: "Mischa Barishnikov hat mir sehr geholfen. Er hat viel über Nurejew erzählt, übers Ballett, über das Überlaufen, über Puschkin, der auch sein Lehrmeister war."
Ralph Fiennes fühlt sich als Außenseiter
Fiennes selbst kennt das Gefühl des Außernseiters recht gut: "Ich habe mich immer ein bisschen als Außenseiter gefühlt. Ich gehe nicht gern mit Kumpels in den Pub oder ins Fußballstadion, da fühle ich mich nicht wohl. Ich bin einfach glücklicher mit einem Buch in der Hand."
