"Mittagsstunde": Umjubelte Weltpremiere in Husum
Bei der Premiere von "Mittagsstunde" in einem Husumer Kino haben Dörte Hansen, Lars Jessen und Charly Hübner den Film gleich siebenmal hintereinander eröffnet. Der bundesweite Kinostart ist am 22. September - auf Plattdeutsch und auf Hochdeutsch.
Immer wieder dringen Klatschen und Jubel aus einem der Säle auf den Flur des Kino-Centers in Husum, dazwischen lautes Lachen. Dann öffnet sich wieder eine der schweren Kinotüren: Dörte Hansen, Lars Jessen und Charly Hübner treten aus dem Dunkel auf den Gang. Sie sehen erleichtert aus, grinsen und betreten als Gruppe direkt den nächsten Saal. Die Autorin, der Regisseur und der Hauptdarsteller des Films "Mittagsstunde" eröffnen in jedem der sieben Kinosäle den Film selbst. Zur Weltpremiere der Romanverfilmung sind fast 1.100 Zuschauerinnen und Zuschauer nach Husum gekommen, das Kino-Center ist ausverkauft.
Premiere von "Mittagsstunde": Roter Teppich in Husum
Kurz vorher hatten sich die Besucherinnen und Besucher am roten Teppich versammelt, lange Schlangen zu beiden Seiten der Straße bildeten sich vor dem Eingang. Für diesen Abend ist Doris Henke extra aus Niedersachsen angereist. "Ik freu mi total dorop. Ik heff dat Book leest un weer total begeistert un bün ganz glückli, dat ik een Koort för düsse Premiere kreegen heff", sagt sie.
Brinkebüller Line-Dancer: "Charly Hübner ist so bodenständig"

Ein Stück weiter in der Schlange steht eine Gruppe mit Jeansröcken, Lederhosen und Cowboyhüten. Auf ihre weißen Westernhemden ist der Schriftzug "Brinkebüll Buffalos" gestickt. Sie kommen aus verschiedenen Tanzgruppen aus der Umgebung und haben im Film eine Nebenrolle übernommen. "Wi sünd al ganz opreegt. Wi hebb de Film nämlich uk noch nich sehn" sagt Dieter Cieplin. Dort sind sie diejenigen, die im Gasthof in Brinkebüll regelmäßig Line-Dance tanzen.
Den Rückkehrer Ingwer Feddersen (Charly Hübner) nehmen sie unter die Arme und versuchen ihn bei sich einzureihen. "Charly Hübner ist so bodenständig, richtig freundlich. Das hat einfach nur Spaß gemacht mit ihm", erinnert sich Claudia Cieplin-Malü an die Dreharbeiten.
Film in zwei Sprachen: Viele Szenen wurden doppelt gedreht
Eine große Besonderheit der Verfilmung ist die Sprache. Wie im Roman sind die Dialoge der Bewohnerinnen und Bewohner aus Brinkebüll op platt. Dafür hat Dörte Hansen am Set öfter mit der Aussprache geholfen, so soll das gesprochene Plattdeutsch den richtigen Brinkebüller Klang bekommen. Es gibt auch eine hochdeutsche Version, darum wurden viele Szenen doppelt gedreht. Welche Version im Kino ausgestrahlt wird, können die Betreiberinnen und Betreiber selbst entscheiden - am 22. September ist bundesweiter Kinostart.
Lars Jessen: "Auf Plattdeutsch ist der Film werktreu"
"Auf Plattdeutsch ist der Film werktreu", findet Regisseur Lars Jessen. "Wir wollten einen Film machen, in dem die Mundart nicht für einen Gag herhalten muss. Nicht immer: guck mal, wie lustig die Norddeutschen mit ihren Gummistiefeln, die Fischköppe." Der Film selbst kokettiert mit dieser Ansicht. Dort gibt es eine Szene in der Kieler WG-Küche von Ingwer Feddersen. Da spricht ihn eine angetrunkene Freundin an, sagt, er solle doch nochmal sein Platt schnacken von zu Hause, das klinge immer so lustig, so ulkig. Feddersen findet das nicht ulkig. Dörte Hansen auch nicht.
Dörte Hansen: "Platt is een vulle Spraak, nich blots nüüdlich"

"Ik glööv, Lüüd, de bi’t Huut platt schnacken, so as ik, de kött dat ganz schlecht utholen, wenn Lüüd seggen, dat is een nüüdliche Spraak", sagt die Romanautorin. "Weil dat bedüütet, dat du blots een ganz lütte Stück vun dat, wat een Minsch utdrücken will, utdrücken kannst. Du kannst op Plattdüütsch aver unglückli sien un di ganz dull argern. Du büst överhaupt nich ümmer nüüdlich in platt. Dat is een Verbreken gegen de Spraak, sowat to seggen. Dor nimmt man de Spraak nicht för vull. Un dat he se nich verdeent, denn dat is een vulle Spraak."
Begeisterung und glasige Augen im Publikum
Plattdeutsch als volle Sprache, die selbstverständlich in einem Kinofilm gebraucht wird, ist kein tüdeliges Zeug, sondern etwas großes Erhabenes, meint Regisseur Lars Jessen. Dass auch das Publikum so empfindet, kann man nach der Vorstellung erkennen: Viele der Zuschauerinnen und Zuschauer kommen mit glasigen Augen aus den Kinosälen auf den Flur. "Das war ein wunderbarer Film, die Schauspieler waren klasse, die Dialoge waren toll. Auch das Plattdeutsche war sehr authentisch, fand ich", sagt Besucherin Renate Linkugel. Zuschauerin Monika Nehlsen meint: "Ik funn dat jüst good, dat dat in Plattdüütsch weer."
