60 Jahre "Hotzenplotz": Der Räuber aus dem böhmischen Dorf
Am 1. August 1962 erschien der Kinderbuchklassiker "Der Räuber Hotzenplotz". Otfried Preußler schuf damit eine Fantasiewelt, die zum kollektiven Gedächtnis unserer Kindheit gehört.
Es gibt ihn tatsächlich, den Hotzenplotz, allerdings als Ortsnamen. Ein Dorf in der Tschechischen Republik, ein wirklich böhmisches Dorf. Hier wuchs der Lehrersohn Otfried Preußler auf, umgeben von Büchern und Geschichten. Den Hotzenplotz hat er sich einfach mal gegönnt, um sich von seinem aufwühlenden Roman Krabat zu erholen - als Stück fürs Kasperletheater.
"Dich, Seppel, dich verkaufe ich an meinen alten Freund, den großen und bösen Zauberer Petrosilius Zwackelmann!" Zitat aus "Der Räuber Hotzenplotz"
Allein die Namen sind in unser universelles Gedächtnis eingeflossen. Alois Dimpfelmoser, der tollpatschige Polizist, die Unke im Keller, die in Wirklichkeit die verzauberte Fee Amaryllis ist. Mit solchen Personal und so freundlichen Waffen wie der berühmten Pfefferpistole weckt Preußler die Fantasie bei Kindern, statt Angst zu schüren. "Ich versuche etwas anderes", erklärte Preußler sein Ziel. "Ich versuche, sie in Stand zu setzen mit Hilfe ihrer Fantasie und auch ihrem Optimismus, die Situationen, denen sie gegenüberstehen werden, zu meistern."
Töchter wachsen mit Figuren des Vaters auf
Davon haben auch die Töchter des 2013 verstorbenen Autors profitiert. Denn Räuber Hotzenplotz saß bei ihnen praktisch mit am Esstisch: "Es hat mir und meinen größeren Schwestern einfach Spaß gemacht, so zu tun, als würde der Räuber Hotzenplotz bei uns leben. Das ist ähnlich wie bei den anderen Figuren aus dem Büchern meines Vaters, die auch irgendwie dazugehören", berichtet Susanne Preußler-Bitsch. "Mit der Geschichte des Räuber Hotzenplotz hat mein Vater eine Art universellen Kosmos geschaffen. Er lässt den Leserinnen und Lesern den Raum, sich das vorzustellen, wie es ihnen und ihrem Background gefällt und wie es dazu passt. Ich glaube, das ist das Geheimnis".
Preußler: nicht belehren, sondern der Fantasie Nahrung geben
Susanne Preußler-Bitsch hat von diesem Geheimnis schon als Schülerin profitiert, denn ihr Vater war auch ihr Grundschullehrer, aber eben so gar nicht lehrerhaft. Denn Kinder wollen nicht belehrt werden, sondern Geschichten hören, solche, die der Fantasie Nahrung geben und ihnen, so drückt der Autor das aus, auf dem Weg der Poesie helfen, mit mancherlei Ängsten, besser fertig zu werden.
Imaginäre Schülerin als pädagogischer Trick
"Bei uns gab es im Klassenzimmer eine imaginäre Schülerin. Das war die Peppi Dinzelmoser. Da konnte man dann sagen, 'Herr Lehrer, ich glaube das in Mathe oder das in Sachkunde, das hat die Peppi nicht verstanden. Können Sie das noch einmal erklären?' Oder er hat selber gesagt 'Ich glaube, ich muss es jetzt der Peppi noch mal erklären.' Und über diesen Schritt hat er einfach auch schwächere Schüler mitnehmen können. Im Nachhinein mag ich ihn dafür umso mehr."
Auch 60 Jahre nach dem Erscheinen der ersten Hotzenplotz-Geschichte wächst die Zahl der kleinen und großen Fans weiter. Denn weit über sieben Millionen Mal haben sich die drei Hotzenplotz-Bände bisher verkauft.
