Geistlichkeit hat nichts mit dem Alter zu tun
Bis 2030 verliert die evangelische Kirche in Norddeutschland 600 der heute noch 1.700 Pastorinnen und Pastoren. Doch es gibt auch Nachwuchs - doch der muss sich in Gemeinden allerdings erst einmal etablieren.
"Na, Sie sind aber ein junger Pastor!" Den Satz habe ich in letzter Zeit oft gehört. Dabei stimmt das gar nicht. Ich bin 33 Jahre alt. Ein Pastor mit 23 - das wäre jung. Ich bin als Berufsanfänger eigentlich relativ alt. Ich habe etwas länger studiert als ich müsste, und war darum in meiner Ausbildungsgruppe eher einer der älteren. Aber das wissen die Menschen in meiner Gemeinde natürlich nicht.
Junge Pastoren zwischen Aufwind und Misstrauen
Im August habe ich in Berkenthin im Herzogtum Lauenburg meine erste Stelle als Pastor angetreten. Für mich ist da vieles neu. Für die Gemeinde aber auch. Nicht zuletzt, dass ich offensichtlich jünger bin als mein Vorgänger. Ich weiß, dass viele es positiv meinen, wenn sie mich auf mein Alter ansprechen. Sie erwarten frischen Wind, neue Impulse für die Jugendarbeit oder ähnliches. Manchmal spüre ich aber auch Misstrauen. "Kann ein so junger Mensch schon Pastor sein?"
Ich frage mich, woher dieser Gedanke eigentlich kommt, dass Pastoren irgendwo zwischen 50 und 70 sein müssten. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass dem Alter große Weisheit zugeschrieben wird. Die Zauberer, Dorfweisen und Schamanen werden ja auch immer als alte Männer dargestellt. Lebenserfahrung kann helfen, Situationen und Menschen besser einzuschätzen und zu verstehen. Eigenschaften, die Menschen einem guten Pastor ja auch zuschreiben. Aber muss man, um das richtige Wort zur rechten Zeit zu finden, wirklich alt sein?
Jesus war auch Anfang 30
Ein Freund sagte mir zum Geburtstag: "Jetzt bist du so alt wie Jesus." Stimmt, denke ich, Jesus war Anfang 30, als er in Israel umherzog. Und er war ziemlich genau das, was ich weise nennen würde. Seine Weisheit hatte aber nichts mit dem Alter zu tun, sondern erwuchs aus einer guten Beziehung zu seinem Vater im Himmel.
Das ist etwas, das ich mir zum Vorbild nehmen möchte. Ich weiß, dass ich manches besser kann als andere. Aber auch, dass mir noch Erfahrung im Beruf fehlt. Aber Geistlichkeit hat nichts mit dem Alter zu tun. Jeder kann beten, die Bibel lesen oder über Gott und die Menschheit nachdenken. Und wenn mich mal wieder jemand auf mein junges Alter anspricht, dann sage ich: „Ich bin so alt wie Jesus damals“, und schaue, wie er reagiert.
