Die St. Patrick's Kathedrale in Dublin. © Picture Alliance /The Irish Image Collection_Design Pics via ZUMA Wire Foto: The Irish Image Collection_Design Pics via ZUMA Wire

Die Tür der Versöhnung

Stand: 30.03.2022 13:22 Uhr

Ende des 15. Jahrhunderts gerieten zwei irische Adlige aneinander und entfachten eine Familienfehde. Der Frieden konnte erst wieder hergestellt werden, als einer von ihnen ein großes Risiko einging.

von Pastor Helge Frey

In Irlands Hauptstadt Dublin steht die St. Patrick's Kathedrale. Hier kann man die so genannte "Tür der Versöhnung" sehen. Man erzählt sich, dass es Ende des 15. Jahrhunderts eine erbitterte Familienfehde zwischen den Butlers von Ormonde und den FitzGeralds von Kildare gegeben habe. Beide Familien kämpften darum, wer den nächsten "Lord Deputy" stellt, also den Repräsentanten des Königs.

Im Jahr 1492 kommt es zwischen den beiden Familien zu einem offenen Kampf. Als sich abzeichnet, dass die Butlers verlieren, flüchten sie in die Kathedrale. Da der Kirchenboden neutrales Gebiet ist, sind sie hier sicher. Vor der Kirchentür versammeln sich die FitzGeralds. Lautstark fordern sie die Butlers auf, herauszukommen, um Frieden zu schließen. Aber die Butlers bleiben misstrauisch. Daraufhin lässt Gerald FitzGerald ein Loch in die Kirchentür schlagen. Er fordert das Familienoberhaupt der Butlers auf, seinen rechten Arm herauszustrecken. Man wolle sich die Hand reichen. Aber auch das lehnen die Butlers ab. Schließlich streckt Gerald FitzGerald als erster seinen Arm durch das Loch. Die Butlers merken, dass er es wirklich ernst meint. Durch die Tür hindurch geben sich die beiden die Hand und schließen Frieden.

Frieden braucht einen Vertrauensvorschuss

Als ich vor einigen Jahren vor dieser Tür stand, habe ich mich gefragt: "Hätte ich meine Hand da durchgestreckt und meinen rechten Arm riskiert? Denn schließlich hatten die FitzGeralds so gut wie gewonnen. Warum das Risiko?" Mich hat diese Erzählung sehr berührt. "Ja", dachte ich bei mir. "Frieden zu schließen, kostet viel. Es braucht jemanden, der anfängt und jemand anderen, der die ausgetreckte Hand ergreift! Es braucht Mut. Und es braucht einen Vertrauensvorschuss. Die Chance auf Frieden aber war es Gerald FitzGerald wohl wert, seinen Arm zu riskieren."

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 31.03.2022 | 19:04 Uhr

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