Interner Bericht zu Vorwürfen gegen NDR in Kiel vorgelegt
Die interne Aufarbeitung zu den Vorwürfen gegen das NDR Landesfunkhaus Schleswig-Holstein ist abgeschlossen. Der Bericht wurde heute vorgelegt. NDR Intendant Joachim Knuth hatte die Prüfung in Auftrag gegeben.
Im Mittelpunkt der Aufarbeitung standen Vorwürfe zu einer Recherche über Verschickungskinder und der Rolle des DRK, zu einem abgesagten Interview mit dem früheren schleswig-holsteinischen Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) und der pauschale Vorwurf, die NDR Berichterstattung aus Kiel sei nicht unabhängig.
Der Redaktionsleiter von NDR Info 21:45 aus Hannover, Carsten Löding, und Thomas Berbner, Redaktionsleiter ARD-Zulieferung aus Hamburg, konnten laut Bericht keine Belege für einen "politischen Filter" im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein finden. Darüber hinaus gab es im Ergebnis der Prüfung bei der Recherche zu Verschickungskindern und der Rolle des DRK keine journalistisch unbegründeten Eingriffe durch die Redaktionsleitung, es wurden keine journalistischen Prinzipien verletzt.
Redaktionsklima ist offensichtlich das wesentliche Problem
Das Team arbeitete unabhängig und führte vom 6. September an 66 persönliche, ausführliche Gespräche, telefonische Befragungen und Videoschalten und wertete sechs schriftliche Stellungnahmen aus. Die Prüfung identifiziert als wesentliches Problem in einigen Bereichen des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein ein Redaktionsklima, das in Teilen von mangelnder Kommunikation und fehlendem Vertrauen geprägt ist.
Intendant Knuth: Erhobene Vorwürfe in Teilen haltlos
"Diese interne Aufarbeitung liefert keine Hinweise darauf, dass im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein journalistische Prinzipien verletzt wurden. Sie zeigt, dass die erhobenen Vorwürfe in Teilen haltlos sind. Sie zeigt aber auch, dass wir dringend einen kulturellen Wandel in Führung und redaktionellem Miteinander brauchen, um Vertrauen zurückzugewinnen", sagte NDR Intendant Knuth.
Keine Belege für angeblichen "politischen Filter" gefunden
Berbner erklärte: "Wir haben im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein keine Belege für einen angeblichen 'politischen Filter' gefunden. Es gab einzelne Entscheidungen, die auch wir im Nachhinein kritisch sehen. Aber selbst in der Redaktion hat eine große Mehrheit mit diesem Begriff gar nichts anfangen können. Die Debatte dazu hat das Redaktionsklima im Landesfunkhaus schwer belastet."
Die Vorsitzende des Landesrundfunkrates Schleswig-Holstein, Laura Pooth, teilte zum internen Aufarbeitungsbericht mit: Es sei ein wichtiger Schritt, dass erste Ergebnisse vorliegen. "Das Gremium nimmt allerdings mit Sorge zur Kenntnis, dass das Arbeitsklima in Teilen des Funkhauses stark gestört ist."
In den einzelnen Punkten hat die Aufarbeitung folgende Ergebnisse geliefert:
- Recherche zu Verschickungskindern: DRK wurde nicht herausgehalten
Bei der Recherche zu Verschickungskindern und der Rolle des DRK gab es keine journalistisch unbegründeten Eingriffe durch die Redaktion. Es war von den verantwortlichen Redakteuren nicht beabsichtigt, das DRK aus der Berichterstattung herauszuhalten oder Recherchematerial an das DRK weiterzugeben.
"Bei dieser Recherche gab es viele Defizite, aber die jetzt öffentlich erhobenen Vorwürfe gehen am Sachverhalt vorbei", erklärte Carsten Löding. "Zwei verantwortliche Redakteure kamen zu einer unterschiedlichen Einschätzung der Recherchelage, die den Autoren nicht angemessen kommuniziert wurde. Hier ist eine Recherche schief gegangen, aber weder sollte das DRK geschützt werden noch sollte Recherchematerial weitergegeben werden."
- Fall früherer SH-Innenminister Grote: Falsche Einschätzung
Im Fall des abgesagten Interviews mit dem früheren schleswig-holsteinischen Innenminister Grote liefert der Prüfbericht die gleiche Einschätzung über den Programmkonflikt wie der Redaktionsausschuss des NDR. Das Landesfunkhaus habe häufig über politische Skandale berichtet. In diesem Fall habe es eine falsche Einschätzung eines journalistischen Themas gegeben. Das Interview hätte geführt werden sollen, um zu den Hintergründen des Rücktritts von Grote weitere Erkenntnisse zu gewinnen.
- Frage des Redaktionsklimas muss weiter untersucht werden
Obwohl es keine Belege der NDR internen Prüfer für einen "politischen Filter" im Landesfunkhaus SH gebe, heiße das nicht, dass es nicht einzelne Entscheidungen zu tagespolitischen Fragen gebe, die zu kritisieren seien. Ein so pauschaler Vorwurf müsse aber in einer genaueren Analyse der Berichterstattung der vergangenen Jahre vertiefend untersucht werden. "Wir haben viele Gespräche geführt, um die strittigen Sachverhalte aufzuklären. Die Kolleginnen und Kollegen haben uns großes Vertrauen entgegengebracht, wir konnten dadurch feststellen, dass das wesentliche Problem in Teilen des Landesfunkhauses ein gestörtes Redaktionsklima ist", sagte Löding.
Prüfbericht unabhängig von externer Aufarbeitung
Der Prüfbericht des NDR ist unabhängig von der noch ausstehenden externen Aufarbeitung des Sachverhalts, die vom NDR Landesrundfunkrat Schleswig-Holstein beauftragt ist.