Stand: 16.11.2018 23:59 Uhr

Was meinen Sie: Ist Erben gerecht?

Ein Miniaturhaus und Geld im dunklen Lichteinfall. © Fotolia.com Foto: denphumi
Auch beim Thema Erben geht es nicht immer gerecht zu, oder?

Deutschland befindet sich in einer stillen Umbruchphase, mit allerdings großen Folgen für die Gesellschaft: Die Generation, die am stärksten von den Wirtschaftswunderjahren profitierte, stirbt - und vererbt ihr angehäuftes Vermögen.

Diese geburtenstarke Generation konnte relativ leicht viel Vermögen erwirtschaften: In den 1930er-Jahren geboren, traten sie zu Beginn der Wirtschaftswunderjahre ins Berufsleben ein und konnten daran mitwirken, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufzubauen. Aus diesen Einkommen speisen sich die Rekordsummen, die derzeit deutschlandweit vererbt werden.

Was meinen Sie: Wie viele Milliarden Euro werden jährlich vererbt und verschenkt?

Leider liegen Sie daneben. 100 Milliarden Euro sind viel Geld, keine Frage. Tatsächlich liegen die Schätzungen über dem Wert der jährlichen Erbmasse in Deutschland allerdings deutlich höher: Laut einer der jüngsten wissenschaftlichen Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) liegt die Gesamterbmasse (inklusive Verschenkungen) bei etwa 397 Milliarden Euro pro Jahr.

Leider liegen Sie daneben. 300 Milliarden Euro im Jahr sind viel Geld, keine Frage. Mit 329 Milliarden Euro liegt der gesamte Bundeshaushalt nur knapp darüber. Dennoch liegen die Schätzungen über dem Wert der jährlichen Erbmasse in Deutschland allerdings noch höher: Laut einer der jüngsten wissenschaftlichen Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) liegt die Gesamterbmasse (inklusive Verschenkungen) bei etwa 397 Milliarden Euro pro Jahr.

Da haben Sie recht. Laut einer der jüngsten wissenschaftlichen Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) liegt die Gesamterbmasse (inklusive Verschenkungen) bei etwa 397 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist mehr als der gesamte Bundeshaushalt. Der lag im Jahr 2017 bei nur 329 Milliarden Euro.

Wie sich die Erbschaftssteuer auswirkt

Natürlich ist der Verlust eines geliebten Verwandten eine schreckliche Erfahrung für jeden Menschen. Doch auf der gesellschaftlichen Ebene wirkt mit dem Erben eine Umverteilungskraft wie kaum eine andere im Land: Über Nacht können Menschen reicher werden, ohne ihr Zutun.

Die Schätzungen des DIW beruhen zwar auf sehr detaillierten Prognosemodellen, doch wie viel genau vererbt wird, bleibt im Dunkeln, denn genaue Zahlen stehen nicht zur Verfügung. Schließlich bekommt der Staat bei vielen Erben die genaue Summe gar nicht mit: Die Summen liegen unter den Freibeträgen oder werden anderweitig verrechnet. Damit sind diese Erbschaften steuerfrei und für den Staat nicht einzusehen. Was bedeutet die Erbschaftssteuer für Erben?

Was schätzen Sie: Ab welchem Betrag gilt der Höchstsatz der Erbschaftssteuer?

Leider falsch. Der Höchststeuersatz gilt erst ab einem Wert von 26 Millionen Euro.

Sie liegen richtig. Der Höchststeuersatz gilt in der Tat erst ab einem Wert von 26 Millionen Euro.

Die Mehrzahl der Erben wird nicht besteuert

Kritiker der Erbschaftssteuer fordern oftmals, gerade Millionenerben stärker zu besteuern. Denn selbst zu Zeiten in denen Rekordsummen vererbt werden, ist fraglich, ob der Staat davon überhaupt profitiert. "Die Mehrzahl der Erbschaften kann aufgrund der aktuell geltenden hohen Freibeträge steuerfrei übertragen werden", schreiben Forscher des DIW in einer ihrer Analysen. "Das gilt auch für sehr hohe Vermögen, die als Betriebsvermögen weitgehend steuerfrei übertragen werden können."

Gerade das Recht, Familienunternehmen weitestgehend steuerfrei zu vermachen, stieß in der Vergangenheit bereits auf Kritik. Der Staat will verhindern, dass Familienunternehmen beim Tod von Unternehmern Verkauf oder Zerschlagung droht, was den Wirtschaftsstandort Deutschland schwächen würde. Familienunternehmen können daher besonders steuergünstig vererbt werden.

Superreiche haben viele Vorteile

Das sorgt für ein großes Ungleichgewicht in der Gesellschaft. In einer weiteren Studie zeigten DIW-Forscher etwa, wie Reiche mit diesen Mitteln Kinder vorzeitig zu Multimillionären machen: "In erheblichem Umfang werden Personen begünstigt, die sich nicht aktiv im Unternehmen engagieren und keine besonderen unternehmerischen Risiken tragen, sondern reine Anteilseigner sind", urteilen die Forscher.

Gleiches gelte aus Sicht der Wissenschaftler auch für viele erwachsene Erben von Anteilen an größeren Familienunternehmen: "In diesen Fällen werden hohe Steuervorteile gewährt, ohne dass die Existenz dieser Firmen unmittelbar bedroht wäre." Ungerecht könnten das nicht nur deutlich ärmeren Menschen finden, sondern auch Wohlhabende: Denn erben diese Immobilien oder Finanzvermögen, werden sie über die Erbschaftssteuer deutlich stärker belastet.

Wenige erben viel: Nur wie viel?

Wie sehr Superreiche sowieso schon bevorzugt werden, zeigt sich auch in der Verteilung der Erbschaften. Denn die Hälfte aller Erben erhält weniger als 50.000 Euro. Nach oben verengt sich der Flaschenhals immer weiter: Ein stetig kleiner werdender Kreis an Erben erbt immer größer werdende Beträge.

Was meinen Sie: Wie viel Prozent der Erben erhalten über fünf Millionen Euro?

Leider liegen Sie falsch. Ein Prozent der Erben sind schon extrem wenige Begünstigte, doch nur 0,1 Prozent der Begünstigten erben Summen von mehr als fünf Millionen Euro. Und: Diese 0,1 Prozent der Erben erhalten 14 Prozent des gesamten Erbvolumens.

Sie haben recht. Nur 0,1 Prozent der Begünstigten erben Summen von mehr als fünf Millionen Euro. Und: Diese 0,1 Prozent der Erben erhalten 14 Prozent des gesamten Erbvolumens.

 

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NDR Story | 05.03.2018 | 22:00 Uhr