Wolfsburgs Jill Roord (v.) bejubelt mit einer Meisterschale aus Pappe und ihren Mitspielerinnen in Stadion in Jena den vorzeitigen Gewinn des siebten deutschen Meistertitels. © IMAGO / Sports Press Photo

Feier-Tage für Wolfsburgs Fußballerinnen - Gelingt das Double?

Stand: 10.05.2022 11:07 Uhr

Das siebte Meisterjahr war ein besonderes für die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg. Nun greifen sie auch nach dem DFB-Pokal. Und die neue Saison verspricht noch mehr, denn der Kader wurde bereits hochkarätig verstärkt.

von Ines Bellinger

Das 10:1 gegen Absteiger Jena war ein Statement und nicht nur Almuth Schult freute sich, dass die VfL-Frauen sich damit gleich zwei Feier-Tage erarbeitet hatten: die feucht-fröhliche Heimfahrt aus Thüringen im Bus und den Saisonabschluss am kommenden Sonntag gegen Bayer Leverkusen, wenn vor den heimischen Fans die Meisterschale überreicht wird (14 Uhr, live im TV und im Livecenter bei NDR.de).

"Die deutsche Meisterschaft ist ein Titel der Konstanz, der verdienteste, ehrenhafteste Titel, der die Mannschaft noch mehr zusammenschweißt, gerade im Hinblick auf die nächsten Jahre", sagt die nach der Saison scheidende VfL-Torhüterin im NDR.

Trainer Stroot: "Verdammt hart gearbeitet"

Im Jubelkreis vor der großen Bierdusche in Jena adelte Trainer Tommy Stroot seine Spielerinnen: "Genießt das richtig, kostet das aus! Hierfür habt ihr verdammt hart gearbeitet", rief der 33-Jährige seinem Team zu, das in dieser Saison alle überrascht hat: die sportliche Leitung, die Konkurrenz, vor allem aber - sich selbst.

Schwer vorstellbar, dass das bei der nun schon ein Jahrzehnt währenden Erfolgsgeschichte der Wolfsburgerinnen überhaupt möglich ist. Zwei Champions-League-Siege und nun sieben Meistertitel haben die VfL-Frauen eingefahren, der neunte Gewinn des DFB-Pokals ist in Reichweite - es wäre der achte in Serie. Nur im Champions-League-Halbfinale mussten sich die Niedersächsinnen dem vor mehr als 90.000 Zuschauern im Camp Nou entfesselten Titelverteidiger FC Barcelona geschlagen geben.

Kader und Trainerteam auf links gedreht

Bemerkenswert ist das "verflixte" siebte Meisterjahr deshalb, weil in der Frauenabteilung des VfL nach der Titel-Pause in der vergangenen Bundesliga-Saison der bisher größte Umbruch stattgefunden hat. Nicht nur im Kader, den hochkarätige Spielerinnen wie Lena Goeßling, Fridolina Rolfö, Ingrid Engen oder Zsanett Jakabfi verließen. Auch das Trainer-Team wurde einmal komplett auf links gedreht - von Stephan Lerch, Ariane Hingst & Co. auf Stroot, Kim Kulig & Co.

"Die deutsche Meisterschaft ist ein Titel der Konstanz, der verdienteste, ehrenhafteste Titel, der die Mannschaft noch mehr zusammenschweißt, gerade im Hinblick auf die nächsten Jahre." VfL-Torhüterin Almuth Schult

"Mehr als die Hälfte der Mannschaft hat noch nicht diesen deutschen Meistertitel errungen, von daher ist es etwas ganz Besonderes. Dazu ein komplett neues Trainerteam, keiner hat uns so richtig auf dem Zettel gehabt vor der Saison", sagt Ralf Kellermann. Und das ist maßgeblich das Werk des Sportlichen Leiters, der nun bald 14 Jahre (bis 2017 als Trainer) die Geschicke der VfL-Frauen lenkt.

Waßmuth-Verpflichtung ein Volltreffer

In all den Jahren hat der ehemalige Torwart ein exzellentes Netzwerk aufgebaut. Immer wieder verpflichtet er nicht nur internationale Topfußballerinnen, sondern auch solche, die erst in Wolfsburg dazu werden. Aktuellstes Beispiel: Als der VfL zur neuen Saison Tabea Waßmuth von der TSG Hoffenheim an den Mittellandkanal lotste, galt das nicht unbedingt als Verstärkung aus dem obersten Regal. Doch Waßmuths Leistung explodierte in Wolfsburg förmlich. Die 25-Jährige traf in der Bundesliga bisher elf Mal, zehn Mal in der Champions League. Prompt hat sie ihren Vertrag vorzeitig bis 2025 verlängert.

Jill Roord (zehn Bundesliga-Tore) steht ihr kaum nach. Die Niederländerin fügte sich nach ihrem Wechsel vom FC Arsenal beinahe nahtlos ins VfL-Gefüge ein. Zudem feierten Alexandra Popp und Ewa Pajor nach langwierigen Verletzungen starke Comebacks. Schult erkämpfte sich nach der Geburt ihrer Zwillinge ihren Stammplatz im Tor zurück. Die zur Führungsspielerin gereifte Lena Oberdorf sowie die erfahrene Svenja Huth und Abwehrchefin Dominique Janssen lieferten zuverlässig ab.

Frohms, Brand, Agrez, Hegering - Kellermann kauft ein

Mit Ausnahme von Schult, die es zum Abschluss ihrer Karriere im Sommer in die USA zieht, hat Wolfsburg nach der aktuellen Saison weniger schwerwiegende Abgänge zu verkraften. Das ermöglichte es Kellermann, auf den Kader noch mal draufzusatteln. Seine Einkaufstour führte ihn zu den besten Adressen in Deutschland. So ist Merle Frohms nicht bloß ein "Ersatz" für Stammkeeperin Schult. Die Rückkehrerin wurde bei Eintracht Frankfurt zur Nummer eins in der Nationalmannschaft. Aus Hoffenheim angelte sich der VfL Toptalent Jule Brand. Die 19 Jahre alte Stürmerin, die mit 17 ihr Bundesliga-Debüt feierte, hat in 15 Länderspielen vier Tore erzielt.

Eine weitere herausragende Flügelspielerin ist die 20 Jahre alte Sveindis Jonsdottir, deren Vertrag am Dienstag vorzeitig um ein Jahr bis zum 30. Juni 2025 verlängert wurde. Die pfeilschnelle Isländerin hatte Wolfsburg schon Anfang 2021 verpflichtet, sie aber zunächst ein Jahr in Schweden "unter dem Radar" reifen lassen.

Mit Potsdams Kapitänin Sara Agrez (21) und der erfahrenen Marina Hegering vom Bayern München kommen zudem zwei gestandene Innenverteidigerinnen zum Deutschen Meister. Bleibt die Frage: Wenn Wolfsburg mit einem umgekrempelten Kader in der Lage ist, die nationale Konkurrenz zu beherrschen - was ist mit diesen Verstärkungen vielleicht auch international möglich?

Abschluss für Schult: "Am besten mit dem Double"

Almuth Schult wird das nur noch aus der Ferne verfolgen. Weder auf ihren Wechsel nach Los Angeles noch auf die Europameisterschaft in England will die 31-Jährige derzeit näher eingehen. Ihr Fokus richtet sich allein darauf, die neun Jahre beim VfL Wolfsburg standesgemäß abzurunden. Und dazu gehört neben dem Bundesliga-Halali auch noch das Pokalfinale am 28. Mai gegen Turbine Potsdam. "Ich möchte die Saison perfekt abschließen", sagt sie, "am besten mit dem Double."

Weitere Informationen
Wolfsburgs Alexandra Popp (l.) und Sandra Starke bejubeln die Deutsche Meisterschaft. © picture alliance/dpa | Christian Modla

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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 08.05.2022 | 22:35 Uhr

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