Wie umweltfreundlich ist der Verzicht auf Plastiktüten?

Die Kurve geht steil bergab: Die deutschen Verbraucher greifen beim Einkaufen immer seltener zur Plastiktüte. Nur noch 29 Tragetaschen hat jeder Bundesbürger im vergangenen Jahr im Schnitt mit nach Hause genommen. Vor drei Jahren dagegen waren es noch fast doppelt so viele Tüten, hat die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung ausgerechnet. Zum Erfolg beigetragen hat auch der Verzicht des Handels: Mehr als 360 Unternehmen und große Ketten haben die Tüten seit 2016 aus ihren Geschäften verbannt oder verlangen eine Gebühr dafür.
Auch Baumwollbeutel haben ihre Schattenseiten
Stattdessen heißt es nun also oft: "Danke, es geht so mit!" Viele Verbraucher greifen der Umwelt zuliebe zum Stoffbeutel. Allerdings: Auch der Baumwollbeutel hat seine Schwächen. Um ein Kilogramm Baumwolle zu gewinnen, sind zum Beispiel rund 11.000 Liter Wasser nötig. Außerdem werden auf den Feldern im großen Stil Chemikalien eingesetzt. Experten schätzen, dass ein Viertel aller weltweit verwendeten Insektizide auf den Baumwollfeldern versprüht wird - mit drastischen Folgen für die Böden und die Menschen, die dort arbeiten.
Papiertüten auch nicht sonderlich nachhaltig
Nach dem Abschied von der Plastiktüte bieten viele Supermärkte nun stattdessen Papiertüten an. Sie schneiden beim Verrotten natürlich deutlich besser ab als Kunststoffe. Trotzdem sind auch sie wenig nachhaltig. Genau wie Baumwollbeutel wird für die Herstellung viel Wasser gebraucht. Außerdem taugen sie selten für den mehrmaligen Gebrauch.
Plastiktüten öfter benutzen
Also doch lieber zur Plastiktüte greifen? Bei den Recycling-Experten der Stadtwerke Hamburg ist die Tragetasche aus Kunststoff zumindest besser als ihr Ruf: "Manchmal ist eine gute derbe Plastiktüte, die man 10, 20, 30 Mal nutzt, mindestens genauso gut wie eine Stofftasche", erklärt Sprecher Reinhard Fiedler. Und wenn die Tragetasche aus dem Supermarkt am Ende als Müllbeutel im Abfalleimer endet, ersetzt sie zumindest eine Mülltüte von der Rolle, so Fiedler. Plastiktüten, die so im Restmüll landen, können immerhin noch "thermisch verwertet werden" - also verbrannt werden.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) rät trotzdem vom Griff zur Plastiktüte ab, denn verbrennen ist nicht recyceln. Europaweit werden neun von zehn Tüten nicht wiederverwertet, kritisiert die DUH. Das bedeutet, dass massenhaft Rohstoffe wie Erdöl verschwendet werden.
Wenig Bio an Bio-Plastiktüten
Auch Bio-Plastiktüten tun der Umwelt keinen Gefallen. An diesen Tüten ist wenig Bio, kritisieren Umweltverbände. Denn bei der Herstellung wird neben nachwachsenden Rohstoffen auch Rohöl verwendet. Und im Bio-Abfall sollten die Tüten auch nicht landen, sagt Sonia Grimmiger vom Umweltbundesamt: "Im Kompost sind dann am Ende immer noch Stückchen drin, die auf den Acker und in die Gärten gelangen."
Viele Kompostieranlagen sortieren die Tüten deshalb vorsorglich aus, auch weil sie nicht von herkömmlichen Tüten zu unterscheiden sind.
Am Ende ist der Leinenbeutel doch am ökologischsten
Gerade wer die Entsorgung der Einkaufstaschen im Blick hat, kommt am Baumwollbeutel nicht vorbei. Je nach Stärke braucht es nach Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe 20 bis 100 Jahre, bis eine Plastiktüte verrottet ist. Baumwolle dagegen ist abbaubar. Zur umweltfreundlichen Alternative wird die Baumwolltasche allerdings erst, wenn sie immer und immer wieder verwendet wird. Je nach Schätzung müssen Verbraucher die Beutel 20 Mal oder sogar bis 130 Mal verwenden. Erst dann ist die Ökobilanz im positiven Bereich.