Stand: 27.04.2020 10:00 Uhr

Wie gut sind Billig-Shopping-Portale im Internet?

von Wiebke Neelsen
Eine Frau sitzt mit einer Kreditkarte vor dem Laptop © picture alliance / dpa Foto: Uli Deck
Viele Verbraucher kaufen Elektrogeräte, Spielzeug oder Kleidung übers Internet.

Kleidung, Elektroartikel, Kinderspielzeug - all das bieten Portale wie wish.com und joom.com an - und das zu besonders günstigen Preisen. Zum Teil sind anscheinend sogar Markenartikel bestellbar. Fast alle Artikel kommen aus Asien, weswegen die Lieferung teilweise bis zu mehrere Wochen dauern kann. Manche Artikel kommen aber gar nicht an. Sie werden kurzfristig aus dem Sortiment genommen, gehen auf dem Weg verloren oder sie landen beim Zoll.

Vermittlungsportale für asiatische Händler

Die Portale Wish und Joom dienen lediglich als Vermittlungsportal für Produkte von zumeist asiatischen Händlern. Das zeigt sich auch an den Produktbeschreibungen in überwiegend sehr schlechtem Deutsch: Aufgrund der Sprachbarriere und der begrenzten Mittel der Händler komme es zu solchen Sprachfehlern, sagt Mailin Schmelter vom Institut für Handelsforschung (IFH) Köln. Bei Problemen mit der Produktqualität, etwa fehlenden Siegeln bei Elektrogeräten oder technischen Defekten, verweisen die Portale darauf, nur Vermittler zu sein. Zwar würden "regelmäßig Stichprobenkontrollen" (Joom) vorgenommen, aber man schaffe es nicht, Millionen von Produkten zu kontrollieren. Und als Vermittler sehen die Portale es auch nicht als ihre Aufgabe.

Probleme mit Retouren

Somit kann auch das Retournieren von Produkten zu einem Problem werden. Verbraucher erleben immer wieder, dass kein Liefer- und Retourenschein beigelegt ist und/oder an die Händler zurückgeschickte Produkte wieder zurückkommen. Zwar gewähren die Portale ein Rückgaberecht, aber nicht immer lösen sie es auch ein. Insbesondere Wish ist bei den Verbraucherzentralen schon bekannt. In mehreren Fällen hat das Portal das Kundenkonto von retourwilligen Kunden gesperrt - und diese bleiben auf der unerwünschten Ware sitzen. Zum Teil läuft dann bereits eine Inkassoforderung beim Verbraucher auf, während er noch versucht, die Bestellung zu retournieren. In diesem Fall sollte man nicht zahlen und versuchen, individuelle Lösungen zu finden, rät Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg: "Wenn man eine Inkassoforderung bekommt, sollte man den Einzelfall prüfen. Wenn man keine Ware erhalten hat, sollte man auch das dem Inkassobüro mitteilen. Habe ich die Ware erhalten und ist der Rückversand durch Wish vereitelt worden, sollte ich auch das dem Inkassobüro mitteilen und nicht bezahlen."

Verschwundene Produkte und Zoll-Überprüfungen

Nicht immer kommt die Ware an. Teilweise wird sie, nachdem der Kunde sie bestellt hat, aus dem Sortiment genommen und ist nicht mehr lieferbar. Das Geld wird in der Regel erstattet. Teilweise geht die Ware auch auf dem Lieferweg verloren - oder der Kunde bekommt Post vom Zoll. Fast täglich geben es Pakete mit Waren, die im Verdacht stünden, gefälscht zu sein, sagt Julia Ennulat vom Hamburger Zollamt. "Weit vorn dabei sind Schuhe, aber auch Parfüms haben wir viele dabei, elektronische Artikel - es gibt keine Ware, die nicht gefälscht wird."

Markenfälschungen und gefährliche Produkte

Viele der angebotenen Artikel kommen nur mit chinesischen Gebrauchsanweisungen oder sogar gänzlich ohne an. In Deutschland übliche Siegel zur Produktqualität wie CE oder vor allem GS (Geprüfte Sicherheit) fehlen häufig. In einer Stichprobe von Markt waren auch gefährliche Produkte darunter, wie eine unkontrollierbare Drohne und ein sich stark am Gehäuse erhitzender Wasserkocher aus Stahl. Teilweise waren die Produkte auch unbrauchbar. Zudem werden auch Fälschungen von Markenartikeln angeboten.

Anhand folgender Kriterien lassen sich nachgemachte Parfüms erkennen: "Beim Auspacken sollten Sie sich anschauen, wie die Zellophanierung verarbeitet ist. Die Kartonage ist in der Regel dünnwandiger, teilweise fehlen Prägungen oder Stanzungen an der Packung", sagt Martin Ruppmann vom Verband der Vertriebsfirmen kosmetischer Erzeugnisse VKE. Zudem gebe es oft Schreibfehler bei den Pflichtangaben. "Beim eigentlichen Flakon sollte man schauen: Sieht der aus wie im Original, wie ist die Farbe, sind da Lufteinschlüsse, ist es scharfkantiges, billiges Glas? Und letzten Endes: Riecht das Parfüm so wie gewohnt? Ist es innerhalb weniger Sekunden verflogen?", erklärt der Experte.

Schatzsuche und Schnäppchenjagd

Die Internetportale arbeiten mit absatzsteigernden Maßnahmen, um die Kunden neugierig zu machen und zum Kauf zu bewegen. Zum Beispiel lassen sich bei Wish spielerisch vermeintliche weitere Rabatte freischalten, indem virtuell Briefmarken gesammelt werden oder an einem Glücksrad gedreht wird. Auch bei Joom gibt es immer neue "Deals der Woche".

Warum Kunden auf den Portalen bestellen, erforscht Mailin Schmelter vom IFH Köln: "Zum einen ist es das Motiv Schnäppchenjagd: Die günstigen Preise ziehen Kunden an." Viele Verbraucher ließen sich auch von besonderen Produkten anlocken, die es in Deutschland nicht gibt - das sei wie eine Art Schatzsuche. "Die Marktplätze sind auch gut darin, das mit spielerischen Rabattaktionen zu kombinieren, und sie nutzen klassische vertriebs- und absatzsteigernde Maßnahmen wie herunterzählende Countdowns", erläutert die Expertin. Forscher bezeichnen das auch als "Gamification".

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Dieses Thema im Programm:

Markt | 27.04.2020 | 20:15 Uhr

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