Amazon und Ebay haben keine ausreichende Kontrolle über die auf ihren Verkaufsplattformen angebotenen Produkte. Das haben Testkäufe und Recherchen von Panorama 3 ergeben. Demnach werden über Internetshops vermehrt illegale, zum Teil lebensgefährliche Elektronikartikel aus China angeboten. Die Marktüberwachungsbehörden stehen dieser Entwicklung ziemlich hilflos gegenüber. Denn die Verkaufsplattformen von Amazon und Ebay sind nach der aktuellen Rechtslage nicht für die Sicherheit der auf den Plattformen angebotene Waren verantwortlich. Experten fordern deshalb, Verkaufsplattformen für die Sicherheit der angebotenen Produkte künftig in die Verantwortung zu nehmen.
VIDEO: Illegaler Handel bei Amazon und Ebay (10 Min)
90.000 gefährliche elektrische Geräte beschlagnahmt
Offenbar handelt es sich bei den illegalen Produkten um ein Massenphänomen: Ein Gutachten für die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, das Panorama 3 vorliegt, berichtet darüber, dass der deutsche Zoll im Jahr 2012 rund 90.000 gefährliche elektrische Geräte beschlagnahmte, Tendenz steigend. Unsere Reporter haben LED-Lampen und einen Transformator für den Betrieb von LED bei Amazon und Ebay gekauft und vom "Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik" (VDE) untersuchen lassen. Das Ergebnis: Keines der insgesamt neun gekauften Elektronikprodukte darf in Deutschland verkauft werden. Die Produkte können im Fehlerfall einen tödlichen Stromschlag verursachen.
Warnung per Mail
Auf Nachfrage weisen Ebay und Amazon auf die Verpflichtung der Verkäufer hin, nur rechtlich einwandfreie und sichere Waren anzubieten. Nachdem Amazon und Ebay von uns über die Ergebnisse der ersten Einkäufe informiert worden waren, wurden diese LED zwar von den Plattformen für den Verkauf gesperrt. Amazon warnt mittlerweile Käufer sogar per Mail vor der Benutzung der gefährlichen Leuchtdioden. Doch auf den Verkaufsplattformen tauchen immer wieder illegale Produkte auf. Reporter entdeckten sogar eine gefährliche LED, die Ebay aus dem Verkauf genommen hatte, in offenbar baugleicher Form bei Amazon. Die in der Regel aus China stammenden Händler machten einfach weiter - und die Verkaufsplattformen können dies bislang offenbar nicht wirksam verhindern.
Geteilte Verantwortung gefordert
Professorin Dagmar Gesmann-Nuissl fordert, die Plattformbetreiber ebenso in die Verantwortung zu nehmen.
Professorin Dagmar Gesmann-Nuissl von der Technischen Universität Chemnitz unterbreitet in dem Gutachten für die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin weitreichende Lösungsvorschläge. So sollten nach ihrer Meinung Plattformbetreiber "genauso die Verantwortung tragen wie der Hersteller oder der Händler". Dann würden die Plattformbetreiber systematisch nach illegalen Produkten suchen, um die Gefahr, von der Marktaufsicht belangt zu werden, zu minimieren. Das zuständige Bundessozialministerium erklärte auf Anfrage, dass eine solche Gesetzesänderung noch nicht einmal angedacht sei.
Jedes Jahr werden offenbar Zehntausende elektronische Produkte aus China illegal nach Deutschland eingeführt. Allein 2012 hat der Zoll 90.000 gefährliche Geräte beschlagnahmt. Und offenbar werden es immer mehr. Eine Expertin von der TU Chemnitz geht von einer Wachstumsrate von jährlich um die 25% aus. Und viele davon werden offenbar über Internetplattformen gehandelt. Wir haben neun verschiedene Elektronikartikel bei "Amazon" und "Ebay" gekauft und sie vom Branchenverband VDE testen lassen. Acht LED Lampen und einen Transformator für den LED-Betrieb. Das Ergebnis: Keines der Produkte darf in Deutschland verkauft werden.
- Mia.home, 10W LED Leuchtmittel R7s 118mm Kaltweiß (6000-6500K), Verkauft von: Blitzversandhaus;
- ALED LIGHT DEUTSCHLAND, Leuchtmittel R7s 118mm Warmweiß, Verkauft von: Sunor Co;
- Golden Tulip High Power E27 Strahler, 12W Warmweiß PAR-38, Verkauft von: dlbaode;
- 10W LED Flutlichtstrahler Kaltweiß DC12V, Verkauft von: dlbaode.
- Golden Tulip LED Lampe PAR-38 12W Scheinwerfer, Verkauft von Blitzversandshopping;
- Golden Tulip 12W 90cm LED-Röhre, Verkauft von Blitzversandshopping;
- DC 12V LED Trafo Netzteil, Verkauft von fa-24shop;
- Dimmbar R7s LED Leuchtmittel 4W-14Watt, Verkauft von fa-24shop;
- LED Glühbirne 5W E27, Verkauft von fa-24shop
Sie entsprechen nicht den in der EU gültigen Vorschriften, dürfen also das CE-Zeichen nicht tragen. Keines der Produkte war ausreichend mit den vorgeschriebenen Hinweisen versehen. Aber - und das ist noch viel gravierender - alle haben gravierende technische Mängel, so dass der Verbraucher im Fehlerfall einen tödlichen Stromschlag bekommen kann.
Ja, da fangen die Schwierigkeiten erst so richtig an. Verantwortlich sind eigentlich Hersteller und Händler. Wir haben wochenlang versucht, diese ausfindig zu machen. Nur, die Hersteller sitzen weit entfernt in China und sind für deutsche Aufsichtsbehörden oder gar für die Verbraucher kaum zu greifen. Auf dem Weg gibt es aber Mittelsmänner, sogenannte Logistiker, die die Abwicklung des Geschäfts übernehmen. Beispielsweise die Firma M.B.B. Logistics oder die Firma DFZC, beide aus Frankfurt an der Oder. Sie überwachen die Bezahlung, Versand und Retouren. Aber verantwortlich sind sie nach deutschem Recht nicht.
Die betreiben in diesen Fällen die Verkaufsplattformen im Internet. Sie sind in diesen Fällen nicht die Händler, sondern sie stellen lediglich ihre Verkaufsplattform für andere Händler zur Verfügung. So verdienen sie ihr Geld. Verantwortlich für die Sicherheit der Produkte sind sie nicht. Das sind die Verkäufer im fernen China. Die Online-Riesen ermöglichen so den illegalen Handel.
Beide verweisen darauf, dass die Händler vertraglich dazu verpflichtet seien, dass die angebotenen Produkte den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Und sie betonen, dass sie, wenn sie Kenntnis davon bekommen, illegale Produkte sofort aus dem Netz nehmen würden. Das war auch in den von uns aufgedeckten Fällen so. Aber gleichzeitig tauchen immer wieder neue illegale Produkte auf den Plattformen auf. In einem Fall hatte Ebay nach unserem Hinweis eine LED-Lampe aus dem Verkauf genommen. Danach haben wir aber eine offenbar baugleiche Form davon bei Amazon entdeckt. Also, die Händler aus China machen einfach weiter, ohne dass Amazon und Ebay das bislang wirklich verhindern können.
Es gibt ein Gutachten der TU Chemnitz für die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Das ist eine Behörde, die dem Bundessozialministerium unterstellt ist. Und in diesem Gutachten gibt es sehr konkrete Lösungsvorschläge. Dort heißt es, dass Plattformbetreiber wie Amazon und Ebay genauso in die Verantwortung genommen werden sollen wie der Hersteller oder Händler. Nur so ließe sich das Problem lösen, weil dann Amazon und Ebay ein Interesse daran hätten selbst nach illegalen Produkten zu suchen.
Händler lassen sich nicht belangen
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Panorama 3 wollte die nach gültiger Rechtslage alleinigen Verantwortlichen des illegalen Handels ausfindig machen. Dabei stießen die Reporter auf ein Netz von Verkäufern und auf chinesische Mittelsmänner in Deutschland, die das Geschäft abwickeln. So tauchen für Dutzende Onlineshops immer wieder die gleichen Lieferadressen auf. Zwei dieser Adressen sind in Frankfurt an der Oder. Es sind die Firmen M.B.B. Logistics und ein Lager einer Firma mit dem Namen DFZC. Doch offenbar stecken hinter diesen Firmen nur Mittelsmänner, die auf Nachfrage jede Verantwortung von sich weisen. So teilt uns M.B.B. Logistics mit: "Bedauerlicherweise können wir nicht für die Qualität der Produkte in jedem Paket verantwortlich sein." Und DFZC meint, dass der Verkäufer die Produktsicherheit garantieren müsse, eine Logistikfirma sei dafür nicht verantwortlich. Offenbar handelt es sich hier lediglich um Logistik-Firmen, so genannte "Fullfillment-Center", die das Geschäft für chinesische Auftraggeber abwickeln.
Der Verbraucher hat es also nur noch mit Dienstleistern zu tun. Die Händler sitzen im fernen China und sind weder vom Verbraucher noch von den Marktaufsichtsbehörden zur Verantwortung zu ziehen. Die Logistik-Firmen, aber auch Internetplattformen wie Amazon und Ebay ermöglichen einen illegalen Handel, der ohne sie kaum möglich wäre.
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Panorama 3 |
24.11.2015 | 21:15 Uhr
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