Daniel Günther (CDU), Schleswig-Holsteins Ministerpräsident, und Monika Heinold (Bündnis90/Die Grünen), Schleswig-Holsteins Finanzministerin kurz nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags. © dpa Foto: Axel Heimken

Nach der Ministerpräsidenten-Wahl: Was Schwarz-Grün vor sich hat

Stand: 29.06.2022 15:40 Uhr

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen ist unterzeichnet, Daniel Günther (CDU) wurde zum Ministerpräsidenten gewählt. Am Mittwoch wurden seine Minister vereidigt. Was jetzt für die Regierung ansteht.

von Constantin Gill und Daniel Kummetz

Es war der erste Tagesordnungspunkt bei der zweiten Sitzung des neuen Schleswig-Holsteinischen Landtags: die Wahl von CDU-Parteichef Daniel Günther zum Ministerpräsidenten. Beide Partner verfügen im Landtag über eine große Mehrheit: 48 von 69 Stimmen vereinen CDU und Grüne auf sich. Bei der Wahl erhielt Günther 47 von 66 abgegebenen Stimmen. Am Mittwochnachmittag wurden die weiteren Mitglieder der neuen Landesregierung vereidigt: fünf Ministerinnen und vier Minister.

Neue Ressortzuschnitte und Quereinsteiger

Dann kann die Arbeit der neuen, ersten schwarz-grünen Landesregierung losgehen. Dabei könnte es gerade am Anfang durchaus noch etwas ruckeln. Die Zuständigkeiten der Ministerien sind neu zugeschnitten worden. In allen Häusern ändert sich etwas - das Landwirtschaftsministerium entsteht neu. Und: Drei Minister sind Quereinsteiger, komplett neu im schleswig-holsteinischen Politik- und Regierungsbetrieb. Viel Zeit haben sie fürs Einfinden nicht, denn vor der Landesregierung stehen große Herausforderungen - vor allem in diesen Bereichen:

Klimapolitik: Zweifel an der Erreichbarkeit der Ziele

Schleswig-Holstein will das erste klimaneutrale Industrieland werden - und zwar bis 2040. Dafür wollen CDU und Grüne mehr Windkraftflächen zur Verfügung stellen. Außerdem soll es ab 2025 eine Pflicht für Solaranlagen auf Dächern von Neubauten geben. Ob das Ziel, 2040 klimaneutral zu werden, erreicht werden kann, daran gibt es Zweifel: Sophia Marie Pott, Landessprecherin der Grünen Jugend und Klimaschutz-Aktivistin bemängelte auf dem Parteitag der Grünen, "dass die bis jetzt beschlossenen Maßnahmen im Koalitionsvertrag nicht reichen werden, um 2040 klimaneutral zu werden." Sie würden erst recht nicht reichen, um einen Beitrag dazu zu leisten, das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Ziele zu erreichen: Die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Energie-Politik: Es muss schnell gehen

Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Energie-Krise sind vor allem Themen für die Bundespolitik. Doch dadurch drängt im Energie-Bereich auch auf Landesebene die Zeit noch mehr: Ein schneller Ausbau der Erneuerbaren würde dem ganzen Land helfen. Und ganz konkret soll das LNG-Terminal in Brunsbüttel nun so schnell wie irgendwie möglich gebaut werden. Und: Sollte es zu Versorgungsproblemen in diesem Winter kommen, wird das vermutlich alle Ebenen des Staates beschäftigen und Kräfte binden - und auch die Landesregierung in den Krisen-Modus versetzen.

Corona in SH: Die Pandemie ist nicht vorbei

Etwa zwei der fünf Jamaika-Regierungsjahre waren geprägt durch das Corona-Krisenmanagement. Auch wenn das persönliche gesundheitliche Risiko durch die Impfungen und die milderen Verläufe der Infektionen durch die aktuellen Varianten deutlich gesunken ist, hat die Pandemie weiter das Potential, Regierungen in den Krisen-Modus zu bringen. Schon jetzt macht sich an vielen Orten die hohe Inzidenz durch Personalengpässe bemerkbar. Virologe Christian Drosten erwartet, dass diese Probleme noch zunehmen werden nach den Sommerferien. Und: Personalprobleme können zu Versorgungsproblemen werden. Und auch ohne maximale Belastung durch Corona stehen die Krankenhäuser im Land weiter stark unter Druck. Die Klinik-Struktur im Land bleibt ein emotionalisierender Dauerbrenner - das zeigt etwa die Diskussion um den Imland-Standort Eckernförde.

Finanzen: Prognose und Planung kaum möglich

Voraussagen über die finanzielle Lage sind momentan so schwer möglich wie selten zuvor. Vor allem die steigenden Zinsen könnten die Pläne der schwarz-grünen Koalition ausbremsen. Denn Zinserhöhungen treffen vor allem hochverschuldete Länder: "Schleswig-Holstein hat mehr als 30 Milliarden Euro Schulden. Eine Zinserhöhung um ein Prozent würde für das Land 300 Millionen Euro bedeuten", sagt Jens Boysen-Hogrefe vom Institut für Weltwirtschaft. Und die im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen stehen erklärtermaßen unter Finanzierungsvorbehalt. Die aktuell hohen Preissteigerungen wirken sich auch auf Projekte des Landes aus und machen sie teurer. Das verkleinert den Spielraum weiter und wird für Diskussionen um die Prioritätensetzung sorgen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 29.06.2022 | 08:00 Uhr

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