Nortorf: Endlich mehr Platz für Vinyl-Schätze
Seit 2002 gibt es das kleine Schallplattenmuseum in Nortorf. Der Verein hat längst nicht mehr genug Platz für die Sammlung, jetzt laufen die Bauarbeiten fürs neue Museum im Teldec-Kesselhaus.
Fußboden, Stühle und Tische sind mit einer dicken weißen Staubschicht bedeckt. Steine und Bauschutt donnern durch ein Fallrohr in einen Container. Gerade haben die Bauarbeiter oben auf der Galerie ein paar Wände rausgehauen - das alte Kesselhaus der Teldec-Fabrik ist jetzt wieder lichtdurchflutet.
Lutz Bertram bleibt an einer Wand mit den Bauplänen hängen und lächelt zufrieden. Er ist der Vorsitzende des Museumsvereins, schaut sich heute mit drei Mitgliedern den Baufortschritt an. "Das wird von der Architektur her ein ganz schickes Gebäude werden, das sieht man auch ohne Inhalt schon. Und mit Inhalt wird das außergewöhnlich", sagt er. Es gibt Platz auf 800 Quadratmetern, verteilt über drei Ebenen. Sechs Jahre dauerte das Planungs- und Genehmigungsverfahren, das Land Schleswig-Holstein fördert den Umbau mit 750.000 Euro.
Ein Leben lang für die Teldec gearbeitet
Während beim Vorsitzenden die Vorfreude groß ist, überwiegt bei Karl-Heinz Schümann noch die Wehmut. 40 Jahre lang hat er für die Teldec gearbeitet, bis zur Schließung 2009. "Dat weer mien tweete Wohnstuuv" ("Das war mein zweites Wohnzimmer."), erzählt er und zeigt auf Metallschienen unter der Decke: "Die hab ich alle angeschraubt. Und die Beleuchtung, die immer noch in Gang ist, hat mein Vater damals angebracht." Aber natürlich sei es toll, dass das Kesselhaus erhalten bleibt, meint er. Immerhin seien die anderen Gebäude fast alle abgerissen worden. "Jetzt kommen die Platten zurück an ihren Ursprung."
Viel mehr als nur Schallplatten
Klar, die fast 100.000 Schallplatten von Jazz bis Shanty bekommen einen Ehrenplatz im Schallarchiv, in dem Besucherinnen und Besucher selbst stöbern können. Der Verein hat aber noch viel mehr Exponate in der Sammlung. Alte Maschinen der Teldec zum Beispiel. Eine der Plattenpressen funktioniert sogar schon wieder, wartet unter einer Plane auf ihren Einsatz. Außerdem machen die Mitglieder gerade dutzende Plattenspieler und Abspielgeräte aus mehreren Jahrzehnten wieder fit.
Zu wenig Platz für die riesige Sammlung
Die meisten Exponate sind im Moment im alten Museum untergestellt, in Sichtweite des Kesselhauses. Aber die knapp 70 Quadratmeter dort reichen längst nicht aus, obwohl die Platten fast alle bei einer Spedition in Neumünster eingelagert sind. Der Museumsbetrieb ruht deshalb gerade. Betreten kaum möglich.
Die Mitglieder des Vereins bahnen sich trotzdem gern ihren Weg durch die nostalgischen Möbel und Maschinen, hin zu den Plattenspielern oder den ersten Kästen mit NDR Platten. Im Juli hatteNDR 1 Welle Nord seinen Archivbestand an den Verein übergeben - 40.000 Platten, die jetzt gesichtet werden müssen - oder dürfen.
Nichts geht über Vinyl
"Ich war erschlagen von der Menge", muss Vereinsmitglied Claus-Dieter Rohwer zugeben. "Aber da sind schon richtige Schätzchen dabei." Und natürlich werden die auch regelmäßig aufgelegt. Einerseits, weil das ein ganz besonderes Gefühl sei, schwärmt Jochen Braune. Aber auch qualitativ mache Vinyl einen riesigen Unterschied: "Im Auto kommt das vielleicht nicht drauf an, wenn ein Song gestreamt ist. Aber wenn du das genauer, besser hören willst, dann legst du dir eine Platte auf."
Faszination für Jung und Alt
Wohl einer der Gründe, warum Vinyl wieder hoch im Kurs steht. Die Plattenverkäufe steigen seit Jahren, auch die Mitglieder des Museumsvereins haben beobachtet, dass sich mehr junge Menschen dafür interessieren. Weg vom angestaubten Image, vom Wohnzimmer der 1970er-Jahre, hin zu einem modernen, puristischen Museum.
In dem dann vor allem die Authentizität wichtig sei, kündigt Lutz Bertram an: "Wir spielen keine digitalen Konserven, sondern Schallplatten im Original, von 1904 bis an die Gegenwart heran." Bis zur Eröffnung des neuen Deutschen Schallplattenmuseums in Nortorf dauert es nun noch ein bisschen, der Vorsitzende hofft auf Oktober 2022.
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