Eine Erwachsenen-Hand berührt ein Säuglings-Händchen © picture alliance/dpa/Sina Schuldt Foto: Sina Schuldt

Kreißsaal-Schließungen in SH machen Hebammen große Sorgen

Stand: 07.02.2022 18:26 Uhr

Einige Schwangere müssen in Schleswig-Holstein mittlerweile weit fahren, um in einem Kreißsaal entbinden zu können. Der Hebammenverband Schleswig-Holstein hat sich jetzt in einem offenen Brief besorgt über die Situation der Geburtshilfe im Land geäußert.

In dem am Montag veröffentlichten offenen Brief, der "als Hilferuf zu verstehen" sei, wendet sich der Verband mit seinen Sorgen über die Schließungen von Kreißsälen an Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sowie die Fraktionsvorsitzenden im Landtag. Die Kreißsäle würden gegen Widerstand von Frauen und Bevölkerung geschlossen, heißt es in dem Brief. "Das hat Prinzip, denn ein Viertel der Kreißsäle in Schleswig-Holstein sind im Laufe der vergangenen zehn Jahre dichtgemacht worden".

Kreißsäle werden seit Jahren weniger

Der Kreißsaal in Ratzeburg wurde schon dichtgemacht, der in Preetz wird wahrscheinlich folgen und auch in Eckernförde sollen, wenn es nach Plänen der Imland Klinik geht, bald keine Geburten mehr stattfinden. Der Verband wies darauf hin, dass dies für Frauen weitere Wege, längere Fahrtzeiten, eine Gefährdung in Notfallsituationen sowie eine schlechtere Versorgung bedeute.

Das zuständige Sozialministerium führt dazu nach eigenen Angaben mit den Kliniken Gespräche. Dem Ministerium sei die Situation bewusst. Gemeinsam mit Akteuren und Verbänden werde nach einer wohnortnahen Lösung gesucht. Gleichzeitig sei die Versorgung schwangerer Frauen durch die Schließungen in Eckernförde und Ratzeburg aber nicht gefährdet, teilte das Sozialministerium auf Nachfrage mit und fügte an: "Den Rückmeldungen zufolge verfügen die Kliniken über ausreichende Kapazitäten, um die Auswirkungen der Schließungen der Geburtshilfe zu kompensieren."

Hebammenverband: "Fallkostenpauschale ist wohl das größte Problem"

Der Argumentation, dass durch geringere Geburtszahlen in Kliniken die Versorgungsqualität leide, folge der Verband nicht. "Nicht jede Frau braucht Hightech-Medizin", sagte die Verbandsvorsitzende Anke Bertram. Der Verband fordert vielmehr einen Paradigmenwechsel in der Geburtshilfe - etwa die "Umkehr vom pathologischen Ansatz, hin zur Förderung der physiologischen Geburt", wie es in dem Brief weiter heißt. Statt Ängste zu schüren vor Eventualitäten, benötigten Frauen menschliche Zuwendung und respektvolle Versorgung. Es gelte bei Frauen das Bewusstsein zu schaffen, dass sie problemlos Kinder bekommen können. Zudem müsse die Vergütung in der Geburtshilfe verändert werden. "Die Fallkostenpauschalen sind ein großes, vermutlich das größte Problem, denn sie setzen Fehlanreize". Derzeit setze eine männerdominierte Politik Entscheidungen um, so der Verband.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 07.02.2022 | 17:00 Uhr

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