19-Jähriger aus Flensburg soll trotz Ausbildung abgeschoben werden
2023 flieht Hasan Ünüsdü aus der Türkei, in Flensburg beginnt er eine Ausbildung in einem Friseursalon. Jetzt droht die Abschiebung. Seine Chefin sucht per Instagram-Video Hilfe - es geht viral.
"Ich bin von dem deutschen Staat und unserem System mehr als schockiert und traurig", konstatiert Vanessa Sörensen fassungslos. Sie ist Inhaberin eines Friseursalons in Flensburg. Am Wochenende erhielt ihr Auszubildender Hasan Ünüsdü eine Nachricht vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Sein Asylgesuch wurde abgelehnt.
Instagram-Video der Friseurin geht viral
Sörensen versteht die Welt nicht mehr: "Dieser gute Junge, der keiner Fliege was zu Leide tun würde, wird abgeschoben." Sörensen hatte sich am Wochenende mit einem Video auf Instagram an die Öffentlichkeit gewandt. Das Video ging viral und wurde von über einer halben Million Nutzerinnen und Nutzern gesehen.
Auch in Flensburg sorgt der Fall des 19-Jährigen aus der Türkei derzeit für Aufsehen und Empörung. Die Flensburger SPD hat angekündigt, sich für einen Verbleib Ünüsdüs in Deutschland einzusetzen: "Es ist nicht hinnehmbar, dass Herr Ünüsdü das Land verlassen muss", sagt Kianusch Stender, Vorsitzender der SPD in Flensburg. Er verweist auf den Fachkräftemangel in Deutschland und die gute Integration Ünüsdüs.
Fluchtgrund: Verfolgung in der Türkei
Der Jugendliche mit kurdischen Wurzeln kam im September 2023 nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. Grund für seine Flucht ist laut Sörensen und seinem Betreuer, Benjamin Dehde, der andauernde Konflikt zwischen Türken und Kurden. Ünüsdü sei in der Türkei zudem verfolgt und misshandelt worden.
Friseur-Azubi aus Flensburg: Asylantrag vom BAMF abgelehnt
Nach seiner Ankunft war Ünüsdü zunächst inLübeck untergebracht, wo er nach eigenen Angaben von der dortigen Ausländerbehörde eine Ausbildungsduldung erhielt. Seit Dezember 2023 lebt Ünüsdü in Flensburg und absolviert eine Ausbildung im Friseursalon. Doch nun kam der Schock: Sein Asylantrag wurde vom BAMF abgelehnt - mit der Aufforderung, innerhalb von sieben Tagen auszureisen.
Gefahr im Herkunftsland relevant für Abschiebung
Als Begründung habe das BAMF laut Betreuer Dehde angegeben, Ünüsdü sei nicht ausreichend integriert und habe kein soziales Umfeld. Weil Asylverfahren individuell geprüft werden, darf die Behörde nach eigenen Angaben keine Auskunft über den Vorgang geben.
Auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein teilte das BAMF generell mit: "Das Bundesamt prüft im Asylverfahren ausschließlich, ob und welche Gefahr dem Asylsuchenden bei Rückkehr in sein Herkunftsland droht. Integrationsleistungen kann und darf das Bundesamt bei der Entscheidung im Asylverfahren nicht berücksichtigen." Daher hätten auch berufliche Tätigkeiten bei der Prüfung des Asylantrags keinen Einfluss, heißt es weiter in der Mitteilung des BAMF.
Online-Petition mit tausenden Unterstützern gestartet
Gegen die Entscheidung des BAMF hat der Friseur-Azubi nun Klage beim Verwaltungsgericht Schleswig (Kreis Schleswig-Flensburg) eingereicht. Parallel dazu hat Saloninhaberin Sörensen eine Online-Petition gestartet, die binnen kurzer Zeit bereits fast 11.000 (Stand 15.04) Unterschriften gesammelt hat. Die Petition fordert den Verbleib des Jugendlichen in Deutschland und verweist auf seine laufende Ausbildung und die Integration vor Ort. Bei 50.000 Unterschriften soll sie den Politikern im Bundestag vorgelegt werden.
