Posse in Osnabrück: Straße? Gehweg? Oder keines von beidem?
Mehr als 50 Jahre war die Straße Vorderhall in Osnabrück eine Straße. Doch kürzlich fiel der Stadt auf, dass die Straße gar keine Straße, sondern eigentlich nur ein Gehweg, ist.
Die Folge: Autos müssen draußen bleiben. Der Ärger und der Schock der Anwohner ist groß. So groß, dass die Stadt nach nur einer Woche Gehweg, die Schilder wieder abmontiert. Doch noch ist die Sache nicht ganz ausgestanden. Ein Posse.
Viele Senioren wohnen in der Straße
Wer bei Johannes Schulze, Vorderhall Nummer 6, klingelt muss etwas warten. Der Senior ist auf einen Rollator angewiesen, entsprechend dauert es bis er die Tür öffnet. Für ihn war es ein Schock, als in der vergangenen Woche plötzlich keine Autos mehr bis zu seinem Haus fahren durften. "Bei mir kommt eine Haushaltshilfe und auch Leute vom Pflegedienst. Die durften hier nicht mehr reinfahren. Und wenn ich abgeholt werden musste, mussten die vorher auf einem Parkplatz bleiben und mich mit dem Rollstuhl hinschieben."
Mehr als 50 Jahre fuhren Autos auf der Straße Vorderhall
Schulze lebt schon 52 Jahre in der Straße. Immer fuhren die Autos bis zu seinem und den Häusern der Nachbarn. Ein blaues Fußgängerschild am Anfang der Straße setzte dem ein Ende. Auch die Nachbarn von Schulze waren empört. Unangekündigt hatten ihre Häuser plötzlich keinen direkten Straßenzugang mehr. Einkäufe und Grünschnitt mussten sie umständlich über größere Entfernungen vom und zum Auto tragen und auch Paketzusteller konnten die Häuser nicht mehr erreichen.
Ein mehr als 50 Jahre alter Fehler?
Laut Stadt ist die Straße Vorderhall vor mehr als 50 Jahren versehentlich als Straße ausgeschildert worden. Im Bebauungsplan sei sie eigentlich als Gehweg ausgewiesen. Dieser Fehler müsse korrigiert werden. Zum Leidwesen der Anwohner. Diese glauben, dass der Fehler nach so langer Zeit nur deshalb aufgefallen sei, weil sie sich nach der ausbleibenden Straßenreinigung erkundigt haben. Anwohner Ulrich Rahe schildert das so: "Ich habe eine kleine Anfrage aufgrund des Gebührenbescheids bei der Stadt gemacht und gefragt, warum wir Reinigungsgebühren bezahlen, wenn diese gar nicht stattfindet. Und wenn daraus die Antwort sinngemäß zurückkommt: 'Ja machen sie sich mal keine Sorgen, wir werden demnächst da sowieso einen Gehweg von machen, dann hat sich das erledigt' - dann springt man ja schon so ein bisschen im Dreieck."
Stadt lenkt ein
Doch die Stadt hatte ein Einsehen: Jetzt wurde das Gehwegschild kurzerhand wieder abmontiert. Aus der Verwaltung heißt es, die Straße sei zwar immer noch Gehweg, aber so wolle man eine schnelle, pragmatische Lösung für die Anwohner finden. Autos dürfen jetzt wieder rein. Nur: Das Straßenschild fehlt weiterhin und es wird wohl auch nicht wiederkommen. Der Bereich sei nun undefiniert, heißt es. Quasi eine Grauzone. Straßenreinigungsgebühren werden die Anwohner laut Stadt wohl weiter zahlen müssen, denn nach dem Satzungsrecht seien sie jetzt sogenannte Hinterlieger und deshalb zur Gebührenentrichtung verpflichtet.
