Vor dem Eingang eines Gebäudes steht ein Schild mit der Aufschrift "Landgericht Oldenburg". © NDR Foto: Julius Matuschik

Fall Högel: Beihilfe durch Vorgesetzte bisher nicht belegt

Stand: 04.07.2022 13:10 Uhr

Sind Vorgesetzte und Kollegen des verurteilten Patientenmörders Niels Högel mitverantwortlich für dessen Taten? Das Landgericht Oldenburg hat nach der Hälfte des Prozesses eine Einschätzung abgegeben.

Bei den vier Angeklagten aus dem Klinikum Oldenburg sei ein vorsätzliches Handeln bislang "nicht mit einer für eine Verurteilung ausreichenden Gewissheit belegt". Das teilte das Gericht am Montag mit. Es gebe zwar Beweismittel - wie eine von Klinikmitarbeitenden erstellte Strichliste, die zeigt, bei welchem Pflegenden wie viele Patienten verstorben seien. Allerdings sei unklar, wann diese Liste entstanden ist. Um den Beschuldigten Vorsatz nachzuweisen, hätte sie zweifelsfrei vor den Morden im November 2001 geschrieben worden sein müssen.

Gericht: "Beträchtliches Misstrauen" gegenüber Högel

Grundsätzlich geht die Kammer davon aus, dass sich Högel gegenüber "ein beträchtliches Misstrauen" entwickelt hatte. Beihilfe zu einem Tötungsdelikt durch Unterlassen sei im Klinikum Oldenburg nach aktuellem Stand jedoch nicht nachweisbar. Vielmehr spreche etwa der Umstand, dass Högel im Dezember 2001 innerhalb des Klinikums die Abteilung wechseln konnte, gegen die Annahme eines derartigen Vorsatzes der Vorgesetzten, sagte der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann.

Sieben Klinikmitarbeitende wegen Beihilfe angeklagt

Im dem Verfahren stehen seit Februar drei Ärzte, drei leitende Pflegerinnen und Pfleger sowie ein früherer Geschäftsführer der Kliniken Oldenburg und Delmenhorst vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen in unterschiedlichem Umfang Beihilfe zum Totschlag beziehungsweise versuchten Totschlag jeweils durch Unterlassen vor. Etwa die Hälfte der angesetzten Prozessdauer ist inzwischen vergangen. Gegen die Mitarbeitenden des Klinikums Delmenhorst sei die Beweisaufnahme noch nicht so weit fortgeschritten, um eine Einschätzung abgeben zu können, hieß es weiter vonseiten des Landgerichts.

Niels Högel wurde wegen 85-fachen Mordes verurteilt

Högel war von Juni 1999 bis Oktober 2002 beziehungsweise von Dezember 2002 bis zu seiner Festnahme im Juli 2005 an den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst beschäftigt. 2019 wurde er wegen 85-fachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt - er verbüßt seine Strafe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Oldenburg. Högel hatte Patientinnen und Patienten nicht verordnete und potenziell tödliche Medikamente gespritzt, um sie anschließend reanimieren zu können.

Dieses Thema im Programm:

Regional Oldenburg | 04.07.2022 | 15:00 Uhr

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