Tod eines Geflüchteten: Warum eskalierte die Situation?
Der von der Polizei bei einem Einsatz in einer Flüchtlingsunterkunft im Landkreis Stade erschossene Mann hatte offenbar psychische Probleme. Warum die Situation eskalierte, ist weiter nicht geklärt.
Bevor es zu dem folgenschweren Einsatz der Beamten am späten Sonntagabend in Harsefeld kam, soll der Mann teilweise kooperativ gewesen sein. Das bestätigte ein Sprecher der ermittelnden Staatsanwaltschaft Stade am Donnerstag. Die Polizei war an dem Tag zwei Mal in die Flüchtlingsunterkunft in Harsefeld gerufen worden, weil sich Mitbewohner von dem 40-Jährigen bedroht fühlten. Gesichert sei mittlerweile, dass der später Getötete ein paar Stunden zuvor von sich aus mit auf die Polizeiwache fuhr. Er habe dort etwa dreieinhalb Stunden in einer Ausnüchterungszelle verbracht, hieß es. Danach sei er in die Unterkunft zurückgekehrt.
Flüchtlingsrat: Polizisten müssen geschult werden
Am späten Abend wurden die Einsatzkräfte dann erneut dorthin gerufen. Im Verlauf des Einsatzes soll der 40-Jährige die Polizisten mit einem Messer angegriffen haben, weshalb diese von ihrer Schusswaffe Gebrauch machten. Der Mann starb später an seinen Schussverletzungen im Krankenhaus. Den Angaben zufolge war er seit Juni in Betreuung des sozial-psychiatrischen Dienstes in Harsefeld. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen und das Netzwerk traumatisierter Flüchtlinge Niedersachsen erneuerten ihre Forderung, dass in solchen Fällen Fachärzte oder Psychologen hinzugezogen werden müssten. Zudem sei es nötig, Polizisten im Umgang mit psychisch erkrankten Geflüchteten zu schulen.
Grüne Jugend fordert Aufklärung
"Weshalb die Situation nicht anders deeskaliert werden konnte und wie genau es zum Tod des 40-Jährigen kam, muss schnell geklärt werden", sagte Pippa Schneider, Sprecherin der Grünen Jugend. "Dass zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren ein Geflüchteter in einer Unterkunft im Landkreis Stade erschossen wurde, macht fassungslos." Damals war ein 19-Jähriger aus Afghanistan im Stader Ortsteil Bützfleth bei einem Einsatz von der Polizei erschossen worden.
Bürgermeisterin: "Große Betroffenheit"
Mit den Ermittlungen ist die Polizeiinspektion Cuxhaven beauftragt worden. Es müsse nun geklärt werden, ob die Beamten in Notwehr gehandelt haben, hieß es. Die Bürgermeisterin der Samtgemeinde Harsefeld, Ute Kück (parteilos), sagte, es sei bekannt gewesen, dass der Mann psychische Probleme habe. Deshalb sei er vom Gesundheitsamt und von sozialpsychiatrischen Dienst betreut worden. In der Gemeinde gebe es "eine große Betroffenheit". Die neun Bewohner des Flüchtlingsheims seien vorerst anderweitig untergebracht worden.
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