Ungeklärte Identität: Intensivpflegerin bleibt nur geduldet
Sie kam als Kind nach Deutschland, betreut Corona-Patienten auf der Intensivstation und wird doch nur geduldet: Farah Hareb-Demir droht noch immer die Ausweisung. Denn: Ihre Identität bleibt unklar.
"Für mich ist es ein Auf-der-Stelle-Treten", sagt Farah Hareb-Demir. In der Regel muss sie alle sechs Monate zum Amt, dann geht es um die Verlängerung ihrer Duldung. Ende 2020 wurden ihr in einem Behördenschreiben sogar Sanktionen bis hin zur Abschiebung angedroht. Seit Jahren vermittelten ihr die Behörden, nicht erwünscht zu sein, so die 38-Jährige. Dabei hat sie fast ihr ganzes Leben in Deutschland verbracht und wird als Intensivpflegerin auf ihrer Arbeitsstelle an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gebraucht. Ursprünglich kam sie 1986 als Zweijährige nach Niedersachsen - zusammen mit ihren Eltern auf der Flucht aus Beirut im Libanon. Ihre Geschichte um den Kampf mit den Behörden wird nun in einem Buch erzählt: "Nirgendwo ein Land. Die Geschichte der staatenlosen Krankenschwester Farah Hareb."
Dokumente schüren Zweifel
Das Problem der Intensivpflegerin: Niedersachsens Behörden halten die junge Frau für eine Türkin namens Ferha Demir, seit im Jahr 2006 ein Melderegister-Auszug aus der Türkei auftauchte. Laut Kai Weber vom niedersächsischen Flüchtlingsrat hatte offenbar irgendwann ein Familienmitglied versucht, die Familie als Türken anzumelden. Sollten diese Unterlagen echt sein, sei daraus eine türkische Staatsangehörigkeit abzuleiten, so Weber. Denn die Türkei habe ein völkisches Abstammungsrecht, die Staatsangehörigkeit werde also "vererbt", unabhängig davon, ob die Person in dem Land geboren sei oder einen Bezug zu ihm habe. Nach Auffassung der Behörden wären die Mitglieder der Familie demnach Türken, nicht staatenlose Libanesen.
Eine Landesbedienstete ohne Pass
Die Folge: Demir lebt seitdem nur mit Duldung im Land, die um jeweils sechs Monate verlängert wird. Damit darf sie ohne Genehmigung der Behörden Niedersachsen nicht verlassen. Urlaubsreisen ins Ausland? Unmöglich. "Das ganze Verfahren ist menschenunwürdig", äußerte sich der Sprecher des Personalrats der MHH, Nils Hoffmann. Demir sei Landesbedienstete, habe ein polizeiliches Führungszeugnis, aber keinen Pass. Vor knapp eineinhalb Jahren starteten ihren Kolleginnen und Kollegen an der MHH deshalb eine Internet-Petition. Damals unterschrieben fast 37.000 Menschen für eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung für die Intensivpflegerin.
Mögliche Lösung: Ein DNA-Test
Nun hat das Ministerium einen DNA-Test vorgeschlagen, denn in Deutschland leben auch angebliche Tanten und Onkel, die in dem Registerauszug auftauchen, der wohl 1992 erstellt worden war. Sollten diese eine freiwillige Speichelprobe abgeben und sich dabei keine Verwandtschaft herausstellen, würde die Ausweisung aus dem Jahr 2006 nach Angaben des Ministeriums zurückgenommen. Sollte der Test ergeben, dass es sich doch um Verwandte handelt, könnte Farah Hareb-Demir einen türkischen Pass beantragen. Auf diesen könnte nach acht Jahren - in Ausnahmefällen auch nach sechs Jahren - eine Einbürgerung folgen. Die Stadt Hameln würde ihr für diesen Fall auch sofort eine zunächst befristete Aufenthaltserlaubnis ausstellen.
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