Flaggen mit den russischen Nationalfarben und dem russischen Staatswappen wehen an einem Auto. © picture alliance/dpa/Carsten Koall Foto: Carsten Koall

Umstrittene Autokorsos: Pistorius richtet Erlass an Polizei

Stand: 08.04.2022 12:15 Uhr

Niedersachsens Innenminister hat das Vorgehen gegen jeden Missbrauch des Versammlungsrechts für pro-russische Kriegspropaganda bekräftigt. In Hannover und Osnabrück sind Demonstrationen angemeldet.

In einem Erlass an die Polizeibehörden stellt das Innenministerium zunächst klar, dass Versammlungen grundsätzlich zu schützen seien - gleichzeitig wird angekündigt, dass konsequent gegen jeglichen Missbrauch vorgegangen wird. "Wir lassen nicht zu, dass unser grundrechtlich geschütztes Recht, sich zu versammeln und zu demonstrieren, für russische Kriegspropaganda auf deutschen Straßen missbraucht wird", sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Freitag. Die Polizei werde entsprechende Straftaten verfolgen. Im Fokus stehen dabei neben dem Kriegssymbol "Z" auch Flaggen der UdSSR oder das Zeigen des Sankt-Georgs-Bandes, da diese im Kontext des Krieges klar als Symbole der territorialen Expansion des russischen Staates zu deuten seien. "Solche Verstöße gegen die öffentliche Ordnung können auf Grundlage des Versammlungsgesetzes unterbunden werden", hieß es weiter. Das öffentliche Tragen des "Z" stellt in Niedersachsen eine Straftat dar.

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Mehrere hundert Menschen für Autokorso angemeldet

Am Sonntag ist in Hannover ein pro-russischer Autokorso geplant. Eine Privatperson hatte die Versammlung mit dem Motto "Gegen Volksverhetzung, Mobbing und Diskriminierung der russischen Bevölkerung" angemeldet. Der Polizei zufolge liegt die zu erwartende Teilnehmerzahl des Autokorsos "im oberen dreistelligen Bereich". Die Initiatoren wollen nach eigenen Angaben russischsprachige Menschen in Deutschland und Europa unterstützen. Auf dem entsprechenden Kanal im Netzwerk Telegram heißt es, mit der Aktion wende man sich gegen eine "faschistische Diskriminierung" russischsprachiger Menschen, die derzeit zunehme. Belege für diesen Vorwurf liefern die Initiatoren nicht.

Auch in Osnabrück wird demonstriert

In Osnabrück ist nach NDR Informationen für Sonntag eine ähnliche Demonstration angemeldet. Hier werden nach Angaben der Veranstaltenden 100 Teilnehmende erwartet, die Polizei rechne aber mit "plus X", sagte ein Sprecher dem NDR in Niedersachsen am Freitagmittag. Im Gegensatz zu der Veranstaltung in Hannover handelt es sich in Osnabrück um einen Demonstrationszug, der am Schlossgarten startet. Im Hinblick auf den Erlass aus dem Ministerium sagte ein Polizeisprecher, die Beamten seien besonders sensibilisiert. "Wenn die Demo losläuft und dann entsprechende Symbole aus Taschen oder Rucksäcken geholt werden, sprechen wir die Teilnehmer an." Anschließend werde die Versammlungsleitung kontaktiert. Konsequenzen seien ein Teilnehmerausschluss und notfalls die Auflösung der Demonstration.

Gegendemonstration angemeldet

In Hannover hat der Freundeskreis Hannover zu einer Gegendemo aufgerufen. "Hannover zeigt Haltung für eine sofortige Beendigung des Krieges", sagte Matthias Görn, Organisator der Gegendemonstration und Vorsitzender des Freundeskreises, laut einer Mitteilung des Vereins am Donnerstag. Darin heißt es weiter, der angemeldete Autokorso könne "sehr leicht als Unterstützung des russischen Krieges gegen die Ukraine verstanden werden". Ein ähnlicher Autokorso habe in Berlin für große Empörung gesorgt, so Görn. Daher wolle man zusammen mit möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern "ein starkes Zeichen setzen". Es gebe viele russische Menschen in Hannover, die den Krieg in der Ukraine verurteilten und sich für geflüchtete Menschen engagierten. "Wir dürfen nicht zulassen, dass sie in unserer Mitte angefeindet oder ausgegrenzt werden. Unsere Stärke ist das Miteinander", sagte Görn.

Weitere Informationen
Innenminister Boris Pistorius im Interview.

"Z"-Symbol: Pistorius kündigt Strafen für Krieg-Befürworter an

Niedersachsens Innenminister hat die Polizeidirektionen angewiesen, Vorkommnisse auf Straftaten zu prüfen. (25.03.2022) mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Hannover | 08.04.2022 | 09:30 Uhr

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